Kempner, Frl. Friederike

[419] *Kempner, Frl. Friederike, Friederikenhof b. Reichthal, Kreis Namslau, Schwester des Schriftstellers und Stadtverordneten in Breslau, David Kempner, wurde am 25. Juni 1836 zu Opatow, Pr. Posen als die Tochter eines Gutspächters geboren. Sie wurde von ihrer Mutter, Marie, geb. Aschkenasy, einer hochherzigen, humanen und gelehrten Frau und von Hauslehrern erzogen. Als Kind widmete sie sich bereits der Krankenpflege und verbrachte ihre freie Zeit an dem Krankenlager der armen Dorfbewohner. Die ihr vorschwebende Möglichkeit des Lebendigbegraben-werdens gab ihr die Idee, für Errichtung von Leichenhäusern zum Zwecke einer längeren Frist vor der Bestattung einzutreten, nachdem sie sich zuvor durch das Studium der Medizin überzeugt hatte, dass ihre Befürchtung von den meisten und grössten Autoritäten geteilt wurde. Ihre »Denkschrift über die Notwendigkeit einer gesetzlichen Einführung von Leichenhäusern« ist 1867 in der 6. Auflage erschienen und hat ihr von hervorragenden Fürstlichkeiten und gelehrten Männern Europas die ehrendsten Anerkennungen gebracht, so von Kaiser Wilhelm I., Napoleon III., dem damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm, späterem Kaiser Friedrich III., Kaiser Alexander II., König Leopold I. von Belgien, dem Könige von Württemberg und Anderen, ferner von der Königin von England, der Kaiserin Augusta, welche sich ganz besonders dafür interessierte. Die Leopoldinisch-Karolinische Akademie der Naturforscher ernannte sie seinerzeit zum Mitgliede der Akademie, was sie jedoch ihrer Jugend wegen bescheiden ablehnte. Sie baute auf dem Gute ihrer Eltern ein kleines Leichenhaus und hatte die Genugthuung, dass das königliche Ministerium die Frist von 5–7 Tagen vor der Beerdigung durch ein Reskript vom 7. März 1871 für vollkommen zulässig erklärte, wenn nicht im einzelnen Falle polizeiliche Bedenken vorkommen. Auch für die Leichenverbrennung und gegen die Einzelhaft hat sie ihr lebhaftes Interesse in entsprechenden Denkschriften Ausdruck gegeben. Ihr Eintreten für die Beseitigung der Einzelhaft war insofern von Erfolg begleitet, als die Einzelhaft »für Lebenszeit« aufgehoben wurde. Im Jahre 1864 kaufte sich[419] F. K., um in der Nähe ihrer Eltern zu bleiben, das Gut Friederikenhof. Im französischen Kriege wollte sie den Kriegsschauplatz besuchen, um dort das rasche Verscharren der Gefallenen zu verhüten, wurde aber nicht zugelassen. Wie aus den hier angeführten Werken ersichtlich, war F. K. schriftstellerisch sehr produktiv. Ihr Trauerspiel »Rudolf II.« ist in Berlin und Breslau mit Erfolg aufgeführt worden. Ihre Gedichte haben 7 Auflagen erfahren.

‒ Antigonos. Trauersp. 8. (45) Berlin 1880, K. Siegismund. n 2.–

‒ Auszüge aus den berühmtesten Philosophen. 1. Liefg.: Kant, Loke, Cartesius, Friedrich der Grosse, Marc Aurel, Rousseau. 8. (55) (Als Manuskript gedruckt.) Ebda. 1883.

‒ Auszüge aus den berühmtesten Philosophen von Plato bis auf unsere Zeit in beliebiger Zeit- u. Reihenfolge. 2. Liefg.: Plato, Leibnitz, Wolf, Cicero, Haller, Garwe, Bernhard v. St. Pierre, Reimarus. Bayle. 8. (36) Ebda. 1886. n 1.–. 1. u. 2.: n 2.50

‒ Berenize. Tragödie. 2. Aufl. 8. (156) (1860) 1865. Dresden Schrag. n 2.–

‒ Das Büchlein von der Menschheit. Mit einem Anh.: Gegen die Einzelhaft od. das Zellengefängnis. 8. (24) Berlin 1885, Crüger. nn –.75

‒ Das Recht auf Leben. Ebda. Vergriffen.

‒ Denkschrift über die Notwendigkeit einer gesetzlichen Einführung von Leichenhäusern. 6. Aufl. 8. (119) Breslau 1867, Korn. n 1.60

‒ Der faule Fleck im Staate Dänemark od. eine lustige Heirat. Lustsp. in 1 Aufz. Neuer Abdr. 8. (35) Berlin 1888, Siegismund. n 1.–

‒ Drei Dramen. (Berenize.– Rudolf II.– Antigonos.) Neue Ausg. 12. (308) Berlin 1885, Stuhr. n 6.–

‒ Gedichte. 7. Aufl. 12. (272 m. Bildnis.) Berlin 1895, K. Siegismund. n 3.20; geb. n 4.–

‒ Gegen die Einzelhaft od. das Zellengefängnis. 8. (15) Breslau 1869, Heidenfeld. n –.30

‒ Jahel. Drama. 12. (53) Berlin 1886, K. Siegismund. n 1.–

‒ Nettelbeck.– Miss Maria Brown. Historische Nov. 8. (212) Stuttgart 1893, C. Malcomes. n 3.–; geb. n 4.–

‒ Novellen. 8. (177) Leipzig 1861, Gebhardt. 2.50

‒ Roger Bacon. Histor. Nov. Aus dem Nachlasse ihrer Schwester Frau Dr. Luise Stadthagen, geb. Kempner. 2. Aufl. 8. (128) Berlin 1893, Stuttgart, C. Malcomes. n 2.50; geb. n 3.50

‒ Rudolf der Zweite od. der Majestätsbrief. Ein Trauersp. Neue Aufl. 8. (115) Berlin 1896, K. Siegismund. n 3.–

‒ Zwei Dramen. (Rudolf II.– Antigonos.) Neue Ausg. 12. (152) Berlin 1885, Stuhr. n 3.–

Quelle:
Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der Feder Bd. 1. Berlin, 1898., S. 419-420.
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