Sickenberger, Frl. Therese

[301] *Sickenberger, Frl. Therese, Ps. Th. Singolt, München, Galleriestrasse 22, wurde am 24. Januar 1853 in Weiherhammer auf einem einsamen staatlichen Hüttenwerke bei Weiden in der Oberpfalz geboren. Ihr Vater war Hüttenmeister daselbst. Später zogen die Eltern nach München, wo Th. die Volksschule, dann das Aschersche Institut besuchte. Schon mit 18 Jahren musste sie in fremde Lande als Erzieherin. Sie kam nach Frankreich, in die Champagne, dann nach Italien, nach Rom, Neapel, an die adriatische Küste, weit im Süden. Im Jahre 1882 ereilte sie ihr Schicksal: als Erzieherin in einem königlichen Hause in glänzender Stellung, eine gesicherte Zukunft in Aussicht, erkrankte sie plötzlich an der tückischen Krankheit, dem Gelenkrheumatismus, lag, eine Trostlose, Sterbende, acht Monate lang, erstand trotz alledem zum Leben, jedoch als Krüppel, lernte wieder gehen, lernte leben. »Da nahte sich mir,« schreibt Th. S. selbst, »eine Trösterin, die Poesie; mitten im schrecklichsten Elend, in der Gesellschaft der abschreckendsten Krüppel, fast alle elender als ich selbst, in der orthopädischen Anstalt des berühmten Hessing in Göggingen bei Augsburg, den Wilbrandt so bewundernswert in seinen ›Rothenburgern‹ verherrlicht hat, entströmte meiner gequälten Seele ein Quell von Liedern, deren Klang mich tröstete. Dort fliesst ein klares Bächlein mit seinen Silberwellen in die Wertach, einen Nebenfluss des Lech. ›Singolt‹ heisst das Bächlein, dessen Sprudeln mir so liebliche Musik schien. Jahre vergingen im Heilen und Singen, winters in München, sommers in den Bergen. Endlich 1887 konnte ich[301] mein Leben neu aufbauen und errichtete ›Unterrichtskurse zur Fortbildung junger Mädchen‹, im Verein mit meiner jüngeren Schwester, die seit der Krankheit Tagen mein alter ego wurde; die Kurse blühen wie die Jugend, die sich um mich schart und die mich jung erhält.« Ihre ersten gedruckten Lieder erschienen in dem inzwischen eingegangenen Wochenblatt »Deutsche Heimat«, später in »Bayrisches Dichterbuch«, »Dichterstimmen«, »Deutsche Dichtung« u.v.a. Auch kleinere Skizzen, Übertragungen von Poesie und von Prosa aus dem Englischen. »Grosses hab' ich nicht geschaffen, nur gesungen, was aus der Seele strömte, was ihr Befreiung und Erlösung wurde.«

Quelle:
Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der Feder Bd. 2. Berlin, 1898., S. 301-302.
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