Postille

[432] Postille, ein Predigtbuch, welches zum Vorlesen in der Kirche gebraucht u. vorzüglich von Schulmeistern auf Dörfern, als Stellvertretern der Prediger, benutzt wird. Ursprünglich waren sie Erklärungen der Texte der Heiligen Schrift, welche nach den Textworten folgten, daher der Name post illa nämlich verba textus. Paul Warnefried schrieb unter Karl dem Großen einen Homiliarius od. Sammlung von Predigten (P. Karls des Großen) aus den Kirchenvätern, u. der Kaiser verordnete, daß dieselbe in den Kirchen vorgelesen werden sollten. Sehr wichtig war die P. von Nikolaus von Lyra (Postillae perpetuae in biblia, Rom 1471, 5 Bde.), eine Auslegungsschrift über die Bibel, weshalb der Verfasser Postillator hieß. Luther schrieb auch eine P. auf der Wartburg zum Behufe des öffentlichen Gottesdienstes. Auch hat man zum Unterschied von jenen (Kirchenpostillen) Hauspostillen, d. i. Andachts- u. Predigtbücher zum häuslichen Gebrauch. Vor Luther schrieb Geiler von Kaisersberg eine P. u. in neuerer Zeit hat Harms (s.d.) seinen Jahrgang Predigten P. (Sommer- u. Winterpostille) genannt. Unter einem Postillenreiter verstand man sonst einen Prediger, welcher seine Predigten, anstatt dieselben selbst auszuarbeiten, aus solchen Predigtsammlungen entnahm.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 432.
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