Niederländische Staatsbahnen-Betriebsgesellschaft

[357] Niederländische Staatsbahnen-Betriebsgesellschaft (Maatschappij tot exploitatie van Staatsspoorwegen). Diese Gesellschaft, am 26. September 1863 im Haag gegründet (seit 1870 Utrecht), betreibt den größten Teil der niederländischen Bahnen (31. Dezember 1912 waren 1819∙864 km in ihrem Betrieb). Sie verdankt ihre Entstehung der Anlage des Staatseisenbahnnetzes auf Grund des Ges. vom 18. August 1860 (s. Niederländische Eisenbahnen). Als dieses Gesetz, das die Regierung zum Bau einer Reihe von Eisenbahnen ermächtigte, von den General Staaten angenommen war und man sich für die Verpachtung entschieden hatte, wurde der »Gesellschaft für den Betrieb von Staatsbahnen« 1863 die Konzession sämtlicher nach vorstehendem vom Staat gebauten Linien nach deren Fertigstellung mit Ausnahme der Linie Amsterdam-Helder, die 1865 von der holländischen Eisenbahngesellschaft übernommen wurde, auf die Dauer von 50 Jahren gegen einen Anteil an den Einnahmen von mehr als 3000 fl. für 1 km erteilt.

Noch im Jahre 1863 wurden die Strecken Tilburg-Breda, Harlingen-Leeuwarden und Bergen op Zoom-Roosendaal (zusammen 61 km) dem Betrieb übergeben. Um den Durchgangsverkehr für ihr Netz zu gewinnen, pachtete die N. die Linie Almelo-Salzbergen und die Strecke Eindhoven-Hasselt-Lüttich mit der Zweigstrecke Lièrs-Flémalle (Lüttich-Limburg-Linie). Durch letztere Linie erhielt die N. Verbindung mit Belgien (namentlich mit den Kohlenrevieren von Lüttich und Charleroi) und Frankreich, durch erstere Strecke mit dem nördlichen und östlichen Deutschland. Den Betrieb der Strecke Almelo-Salzbergen behielt die N. bis 1. Oktober 1892. Seitdem wird die Linie von der holländischen Eisenbahngesellschaft gemeinschaftlich mit der N. betrieben.

Beide Eisenbahnen brachten der N. wenig Gewinn. Die Salzbergener Strecke litt unter dem Wettbewerb der Linie über Oberhausen, die die niederländische Rheinbahn über Emmerich beherrschte. Auch die Lüttich-Limburg-Linie, für die eine hohe Miete zu zahlen war, konnte von der N. nur mit Verlust betrieben werden.

Mit der Inbetriebnahme der Linie Venlo-Maastricht (21. November 1865) und der 1867 streckenweise eröffneten Linie Venlo-Moerdyk entwickelte sich der Verkehr der N. mit Mittel- und Süddeutschland. Zur Förderung des Venloer Verkehrs wurde eine Dampferverbindung zwischen Rotterdam und Moerdyk, später auch zwischen Utrecht und Amsterdam unterhalten. In Venlo wurde der Anschluß mit den deutschen Bahnen durch Verträge mit der rheinischen und bergisch-märkischen Bahn sichergestellt (Eröffnung der Linie Venlo-Preußische Grenze, Richtung Kaldenkirchen 29. Oktober 1866). Ende 1874 wurde die Bahn Venlo-Preußische Grenze, Richtung Osnabrück eröffnet.

Die Verhältnisse der N. waren zunächst nicht sehr günstig. Von dem Aktienkapital war nur die Hälfte eingezahlt, dieser Betrag war nicht hinreichend für die Beschaffung.

Auf Grund des Ges. vom 29. Dezember 1866 wurde der N. von der Regierung ein Vorschuß von 2∙5 Mill. Gulden gegeben. 1867 ließ sich die Regierung einen Kredit bewilligen, um den Betrieb der N. selbst zu übernehmen, falls die Gesellschaft in Konkurs geraten sollte. Indes besserten sich die Verhältnisse der Gesellschaft seit 1868 und steigerte sich die Einnahme derart, daß das Jahr 1868 mit einem Überschuß schloß. Nunmehr gelang es auch, ein Anlehen zu günstigen Bedingungen[357] zu begeben. 1876 erreichte die Gesellschaft eine günstige Abänderung des Betriebsvertrags.

Die N. mußte nach diesem Vertrag den Betrieb auf folgenden für Rechnung des Staates zu bauenden Strecken übernehmen:

Zwaluwe-Zevenbergen, Arnheim-Nymegen; Zwolle-Almelo, Dordrecht-Tiel-Elst, Nymegen-Venlo und Stavoren-Leeuwarden.

Durch das neue Übereinkommen besserten sich die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft wesentlich. Die Aktionäre erhielten von 1876 bis 1890 stets etwa 5% Dividende. Es war dies auch die Folge der lebhaften Verkehrsentwicklung sowie insbesondere des 1880 erfolgten Ankaufs des niederländischen Teiles der Antwerpen-Rotterdamer Bahn, deren Betrieb an die N. übertragen wurde.

Auf Grund des Übereinkommens vom 15. Oktober 1890 (s. Niederländische Eisenbahnen) übernahm die N. den Betrieb der verstaatlichten Linien der ehemaligen niederländischen Rheineisenbahn. Ferner übernahm sie den Betrieb der Eisenbahn von Leiden nach Woerden und erhielt zugleich durch die Übernahme der im Besitz der niederländischen Rheineisenbahngesellschaft befindlichen Aktien der niederländischen Zentralbahn einen überwiegenden Einfluß auf die Verwaltung dieses Unternehmens. Dagegen gingen die Staatseisenbahnlinien Dordrecht-Elst-Ressen Bemmel und Stavoren-Leeuwarden in die Verwaltung der holländischen Eisenbahngesellschaft über.


1896 wurde die Lokalbahn Sittard-Herzogenrath eröffnet. Sie wurde 1898 von der N. angekauft und entwickelte sich bald zu einer sehr wichtigen Verkehrsader für den Grubenbetrieb in Süd-Limburg. 1898 wurden die Linien der Grand Central Belge durch den belgischen und den niederländischen Staat (s. Niederländische Eisenbahnen) angekauft. Infolgedessen trat die N. den Betrieb der auf belgischem Gebiet gelegenen Strecke der Eisenbahn Lüttich-Limburg ab, übernahm dagegen den Betrieb der Strecken:

Tilburg-Belgische Grenze, Richtung Turnhout.

Roermond-Belgische Grenze, Richtung Antwerpen.

Roermond-Preußische Grenze, Richtung Gladbach.

Maastricht-Preußische Grenze, Richtung Aachen.

Maastricht-Belgische Grenze, Richtung Lüttich.

Maastricht-Belgische Grenze, Richtung Hasselt.

1903 wurde die erste Strecke Zwolle-Ommen der Noordoofter Lokalbahngesellschaft eröffnet; seit 1910 ist die ganze Bahn Zwolle-Delfzyl mit Zweigbahnen in Betrieb. In Anschluß an diese Lokalbahn wurde im selben Jahre die Lokalbahn Deventer-Ommen eröffnet.


Schließlich wurde 1913 die für Rechnung des Staates angelegte 29 km lange Hauptbahn Weert-Eindhoven in Betrieb genommen, womit die N. eine bedeutend kürzere Verbindung zwischen dem Zentrum des Landes und Süd-Limburg erhielt.

Nebenstehend folgt eine Übersicht der Betriebsergebnisse.


Betriebsergebnisse (1 Gulden niederländischer Währung = 1∙70 M.).

Niederländische Staatsbahnen-Betriebsgesellschaft

[358] In den ersten Jahren nach Inkrafttreten des Übereinkommens von 1890 waren die Betriebsergebnisse der N.; die mit der holländischen Eisenbahngesellschaft in scharfem Wettbewerb stand, nicht günstig; nach und nach besserten sie sich jedoch. Während von 1890–1911 die durchschnittliche Dividende 3∙95% betrug, konnte 1912 und 1913 eine Dividende von 5% verteilt werden. 1913 betrug der Betriebskoeffizient 65∙441.

Die Hauptverkehrslinien der N. sind:

Amsterdam-Rotterdam-Haag-Utrecht Emmerich

(Deutschland).

Amsterdam-Rotterdam-Rosendaal-Esschen

(Belgien und Frankreich).

Boxtel-Rosendaal-Vlissingen (England).

Letzterer Verkehr wird in Verbindung mit der Nord-Brabant-Deutschen Eisenbahngesellschaft (Boxtel-Wesel) und der Dampfschiffahrtsgesellschaft »Zeeland« vermittelt (Vlissingen-Queenboro-Folkestone).

Von den Gesamteinnahmen der N. im Jahre 1913 mit 41.052,987.765 fl. kommen 43∙674% auf den Personenverkehr, 51∙279% auf den Güter- und Gepäckverkehr und 5∙047% auf Einnahmen aus sonstigen Quellen. Das Aktienkapital betrug 1913 17,572.000 fl., das Obligationenkapital 123,698.000 fl.

Nieboer.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 7. Berlin, Wien 1915, S. 357-359.
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