Levysohn, Friedrich Wilhelm

[613] Levysohn, F. W. Friedrich Wilhelm Levysohn wurde am 25. Mai 1815 zu Groß-Glogau als Sohn eines Kaufmanns geboren. Er besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt und studierte dann die Rechte auf die Universität Berlin, wo er sich auch den[613] philosophischen Doktorgrad erwarb. Er gab später aus konfessionellen Gründen die juristische Laufbahn auf und ließ sich im Jahre 1838 als Buchhändler und Grünberg nieder. Seine bedeutende geistige Begabung, mit welcher er sich an der in den vierziger Jahren, wie überall im Vaterlande, so auch hier entwickelnden Vereinstätigkeit beteiligte, gewann ihm bald Achtung und Anerkennung und im Jahre 1848, wo er eifrig für die politische Neugestaltung Deutschlands eintrat, wurde er für den Wahlkreis Grünberg-Freistadt als Abgeordneter ins Frankfurter Reichsparlament gewählt. Er schloß sich der Partei der Linken an und da er mit dem Reste dieser Versammlung im Sommer 1849 nach Stuttgart übergesiedelt war, so entging er nach seiner Rückkehr nicht dem damals herrschenden offiziellen Verfolgungsgeiste, wurde aber von der gegen ihn erhobenen Anklage des Hochverrats von dem Grünberger Geschworenengericht einstimmig freigesprochen. Gleichzeitig wurde er in Folge einer annonymen Denunziation, angeblich wegen Majestätsbeleidigung, in Anklagezustand versetzt und im damaligen »außerordentlichen Verfahren« trotz mangelnder Beweise zu neunmonatlicher Festungshaft verurteilt, die er zum Teil in den Kasematten der Festung Cosel verbüßte. Nun folgte für ihn eine lange und schwere Zeit politischer und materieller Bedrängnis, in welcher er aber, unterstützt von seiner trefflichen, ihm längst vorausgegangenen Gattin, seine bürgerliche Selbständigkeit zu behaupten und seine Existenz durch rastlosen Fleiß von Jahr zu Jahr auf sicheren Grundlagen zu befestigen wußte.

Diese Sorgen und Kämpfe hielten ihn jedoch nicht ab, bei allen Bestrebungen und Vereinen, welche den geistigen und geselligen Fortschritt zum Ziel hatten, auf das Tätigste mitzuwirken. Seiner politischen Ueberzeugung blieb er, wenn auch in gemäßigterer Weise als früher, bis an sein Ende getreu und nahm insbesondere stets lebendigen Anteil an den politischen Kämpfen innerhalb seines Wahlkreises. Das von ihm redigierte »Grünberger Wochenblatt« bildete besonders zur Zeit der Wahlen stets ein wichtiges Organ der liberalen Partei.

Levysohn starb am 26. Mai 1871, das gut entwickelte Geschäft übernahm sein Sohn Fedor Ulrich Levysohn, welcher noch heute Inhaber der Firma ist. 1877 hatte Levysohn von Eduard Hallberger in Stuttgart die Zeitschrift »Der Kapitalist« erworben, und kurze Zeit später vereinigte er den vorzugsweise aus jüdischer Literatur bestehenden Verlag von Levysohn & Siebert in Grünberg mit der alten Stammfirma. Der jüdische Verlag ist später an J. Kaufmann in Frankfurt a. M. (gegr. 1838, jetziger Inhaber Ignatz Kaufmann) verkauft worden.

Quellen: Grünberger Wochenblatt vom 27. Mai 1871; der Hochverratsprozeß gegen L., Grünberg 1850.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 4. Berlin/Eberswalde 1907, S. 613-614.
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