Eintheilung

[309] Eintheilung. (Beredsamkeit)

Wenn in einer förmlichen Rede die Abhandlung aus verschiedenen Haupttheilen besteht, so thut der Redner wol, im Anfang derselben den Inhalt eines jeden Haupttheiles anzuzeigen, damit der Zuhörer die Folge der Vorstellungen desto leichter faße. Diese Anzeige der Haupttheile der Abhandlung wird die Eintheilung der Rede genennt. In der Rede für den Vorschlag des Manilius fand Cicero drey Dinge nöthig zu beweisen, um diesen Vorschlag annehmen zu machen; 1) daß der Krieg gegen den Mithridates nothwendig, 2) daß er wichtig sey, und 3) daß man den Pompejus zum Heerführer desselben machen müsse; daher theilte er seine Abhandlung in diese drey Theile ein.

Ehe die Eintheilung kann gemacht werden, muß der Redner alle Haupttheile seiner Rede erfunden haben, und sich dieselbe in der Ordnung, wie sie folgen sollen, vorstellen. Die verschiedenen Punkte der Eintheilung sind eigentlich die Vorstellungen, aus welchen das, was der Redner durch seine Rede erhalten will, natürlicher Weise folget; also enthält [309] die Eintheilung den Inhalt der ganzen Rede in wenig Worten, und kann zum voraus das Genie und die Gründlichkeit des Redners anzeigen. Denn die Hauptsache kommt allemal darauf an, daß er die wahren Quellen, woraus das, was er zu erhalten sucht, natürlicher Weise herfließt, entdeke, und diese Quellen zeiget er in der Eintheilung an.

Zum Vortrag der Eintheilung wird Kürze, Einfalt und die größte Deutlichkeit erfodert, damit der Zuhörer den Inhalt der Hauptpunkte der Rede sehr leicht und bestimmt faße; welches Cicero für so wichtig hielt, daß er bisweilen die Eintheilung wiederholt hat, wie in der Rede für den P. Quinctius, wo er sie also vorträgt: »Ich will zuerst zeigen, das kein Grund vorhanden sey, warum du von dem Prätor hättest verlangen können, in den Besitz der Güter des P. Quinctius gesetzt zu werden; hernach, daß du sie durch kein Edikt habest besitzen können; und zuletzt, daß du sie würklich nicht beseßen habest. Ich bitte euch, (thut er hinzu) dich Q. Aquilius, und euch, die ihr eure Meinung hierüber zu geben habt, euch dieser Punkte wol zu erinnern; denn wenn ihr sie vor Augen habet, so werdet ihr die ganze Sache leichter faßen, und mich, falls ich aus den Schranken, die ich mir selbst setze, heraustreten sollte, durch euer Ansehen zurük halten können. Ich leugne also, 1) daß er die Güter hat fodern können, 2) daß er sie Ediktmäßig habe besitzen können, und 3) daß er sie würklich beseßen habe. Habe ich diese drey Punkte bewiesen, so werde ich den Schluß machen.«

Uebrigens ist verschiedenes, was zur Erfindung der Eintheilung dienet, in dem Artikel von den Beweisen bereits angeführt worden.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 309-310.
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