Loure

[721] [721] Loure. (Musik und Tanzkunst)

Ein kleines Tonstük zum Tanzen, dessen Ausdruk Ernst und Würde, auch wol Hoheit ist. Der Takt ist 3/4 und die Bewegung langsam. Es fängt im Aufschlag an nach dieser Art: Loure, und besteht aus zwey Theilen, jeder von 8, 12 bis 16 Takten. Man hat zwar Louren in 6/4 Takt, der eigentlich als ein Allabreve von 3/4 anzusehen ist.

Um den Einschnitt nach dem ersten punktirten Viertel jedes Takts im Vortrag fühlbar zu machen, muß auf der Violin die Achtelnote wie ein Sechszehntheil hinauf, die darauf folgenden zwey Viertel aber stark herunter gestrichen und besonders das punktirte Viertel schweer angehalten werden.

Man findet bisweilen bey alten guten Componisten, daß sie, so wol in diesem, als andern Tänzen im ungeraden Takte zwey Takte in einen zusammen ziehen und anstatt: 3/4 Loure, also: 3/4 Louresezen. Dieses hat seinen guten Nuzen, weil die meisten Spieler den Fehler begehen, daß sie, wenn eine solche Stelle nach der ersten Art geschrieben ist, die zweyte gebundene Note besonders andeuten, welches dem wahren Vortrag an solchen Stellen gerad entgegen ist. Man muß aber bey solcher Zusammenziehung zweyer Takte sie nicht für einen einzigen zählen, weil man sonst, wie einigen neueren begegnet ist, im Rhythmus fehlet und anstatt der acht Takte, neune bekömmt.

Zum Tanzen erfodert die Loure einen hohen Anstand mit allem ihm zukommenden Reiz verbunden. Wegen der Langsamkeit der Bewegungen gehört viel Stärke zu Erhaltung des vollkommenen Gleichgewichts. Man sucht die besten Tänzer hiezu aus. Gar ofte aber machen sie von ihrer Stärke den Mißbrauch, daß sie schweere, obgleich unnatürliche Schwebungen der Schenkel anbringen, die blos eine ungewöhnliche Kraft der Sehnen anzeigen, sonst aber zum sittlichen Ausdruk nichts beytragen. Man kann von diesem Tanz anmerken, was von dem Largo in der Musik gesagt worden; er muß kurz seyn, sonst wird er, selbst für den Zuschauer, ermüdend.

Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 721-722.
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