Rondeau

[989] Rondeau. (Poesie; Musik)

In der Poesie ist das Rondeau ein Lied von Doppelstrophen, die so gesungen werden, daß nach der zweyten Hälfte, die erste wiederholt wird, so wie es in den meisten Opern Arien gewöhnlich ist. Wenn diese Wiederholung natürlich seyn soll, so muß nothwendig in der zweyten Hälfte der Strophe etwas seyn, das die Wiederholung der ersten natürlich macht. Dieses hat, wie Rousseau sehr richtig anmerkt, nur in folgenden Fällen statt.

»So oft eine im ersten Theil ausgedrukte Empfindung einen überlegten Gedanken veranlasset, der im zweyten Theil sie verstärkt und unterstüzt; wenn die Beschreibung eines Zustandes, die den ersten Theil ausmacht, eine im zweyten vorkommende Vergleichung aufkläret; wenn ein Gedanken im ersten Theil, in dem zweyten bewiesen, oder bestätiget wird; wenn endlich im ersten Theile ein Vorsaz geäußert wird, davon im zweyten der Grund angegeben ist; in allen diesen Fällen ist die Wiederholung [989] natürlich, und alsdenn kann das Rondeau ein sehr angenehmes kleines Gedicht seyn.«1

Der Tonsezer, wählt nach dem Inhalt eine gerade, oder ungerade Taktart, von geschwinder oder langsamer Bewegung für den ersten Theil der Strophen. Für den zweyten Theil macht er, nach Beschaffenheit des Rondeau eine, oder mehrere Melodien in verschiedenen mit dem Tone des ersten Theils verwandten Tonarten. In beyden Theilen muß die Modulation so beschaffen seyn, daß der Schluß des ersten Theiles auf den Anfang jedes andern, und der Schluß jedes zweyten Theiles auf den Anfang des ersten immer passe.

1S. Dict. de Mus. Art. Rondeau.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 2. Leipzig 1774, S. 989-990.
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989 | 990
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