Eulenspiegel

1. Eulenspiegel ist auch zu Rom gewesen, hat mit dem Bapst geredt, ist doch ein Spottvogel wiederkommen.Lehmann, 689, 30.

Till Eulenspiegel, der Sohn eines Bauern aus Knittlingen im Braunschweigischen, ist im Jahre 1350 in der kleinen Stadt Mölln, wo er auch begraben ist, gestorben. Seine Grabschrift lautet (nach Berckenmeyer, 292): »Anno 1350 iss düsse Steen up gehafen, Tylle Eulen-Spiegel lehnent hierunter begrafen. Merckt wohl und denckt daran, wat ick gewest up Erden, all de hier overgahn, möten my glieck weren.« Seine gute Vaterstadt soll sich (nach Raabe's Plattd. Volksbuch, S. 67) sogar Mühe gegeben haben, ihn, als 1503 ein Cardinal den Ort besuchte, unter die Heiligen versetzen zu lassen. Doch sind diese historischen Notizen Nebensache; denn Eulenspiegel ist jetzt der Ausdruck des deutschen Volkshumors, der mit Fleisch und Bein bekleidete, in der Welt umherziehende Schwank, der geborene Silbenstecher und Prellkünstler. Von einer Dreistigkeit, die sich von niemand verblüffen lässt, grob und unflätig, immer auf Trug bedacht und doch niemals lügend, vielmehr die Wahrheit zu reden für sein Gewerbe erklärend, hält er in seinem Spiegel der Zeit ihr Bild vor, in dem sie, die sich für einen prächtigen Pfau hält, eine hässliche Eule erblickt, übt er allenthalben des Narren Lieblingsschabernack aus, die Klugen selbst in Narren zu verwandeln. Der Humor sucht sich unter allen Völkern zu personificiren. So hatte, wie Deutschland seine Narrenstädte, Hellas seine Boötier und sein Abdera, seinen Diogenes und Aesop, die Ilias ihren Thersites, die Odyssee ihren Polyphem und ihren Iros. Israel scheint in Nazareth sein Krähwinkel, in den Galiläern sein Schwaben und in Simson einen Heros besessen zu haben, der zur guten Hälfte ein Eulenspiegel war. Die Türken haben ihr Sivri Hissar, und auch die arabische Welt hat ihre Volksnarren. (Vgl. den Artikel Narrenstädte in den Grenzboten, 1860, Nr. 24.)


*2. Er macht's wie Eulenspiegel, er verleidet der Bäuerin das Mus, um es allein zu essen.


[905] *3. Er macht's wie Eulenspiegel, hat sein Pferd gesucht und ist darauf geritten.


*4. Er spielt (singt) Eulenspiegel's Stück.

Er denkt, es wird wol wieder einmal anders werden. Eulenspiegel hatte auf seiner Violine nichts weiter gelernt, als: Alle Dinge eine Weile.


*5. Wie Eulenspiegel, der sich alle Morgen segnete vor gesunder Speise, vor grossem Glück und vor starkem Getränk.Eiselein, 155.

Er verstand unter gesunder Speise die Kost aus der Apotheke, unter grossem Glück solche Stürze, bei denen man zum Glück nur Arm und Beine und nicht gar den Hals bricht, und endlich unter dem starken Getränk das Wasser, welches Mühlen treibt.


[Zusätze und Ergänzungen]

6. Ulenspegel häe sproaken: Ass du es fingst, so sast do 't loaten.Schlingmann, 1374.


*7. Dat öss so, als de Ulespêgel op em Stên sat. Frischbier, I, 776.


*8. Ein Eulenspiegel in einer gelben Brühe.

So nannte man im 17. Jahrhundert eine gewisse Speise (Vgl. Facet. Facet., 1657, S. 573.)


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
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