Orden

[172] Orden nennt man: I) im gewöhnlichen und eigentlichen Sinne: eine Verbindung mehrerer Personen zu einem gemeinsamen Zwecke, in Ansehung dessen die Mitglieder der Gesellschaft gewissen, bestimmten Vorschriften des Stifters derselben sich unterwerfen müssen und zugleich gewisse Zeichen ihrer Verbindung führen. – Es giebt geheime und öffentlich bekannte, vom Staate anerkannte und autorisirte Orden. Jene sind in der Regel unerlaubt, (z. B. die Orden auf den Academien in sofern der Staat nicht [172] von ihrem Nutzen, oder wenigstens von ihrer Unschädlichkeit überzeugt ist (z. B. bei dem Freimaurer Orden (s. d. Art.). Die öffentlich bekannten und gesetzlich anerkannten Orden haben vorzüglich die Beförderung eines, von weltlichen Verbindungen abgesonderten, Lebens und die Unterstützung der Kranken und Nothleidenden; oder die Beförderung des Muthes, der kriegerischen Tapferkeit; oder auch der bürgerlichen Tugenden zum Zweck. Zu den Orden der erstern Art gehören die Mönchs- und Nonnen-Orden (s. Mönchswesen), zu denen der zweiten Art die Ritterorden (s. d. Art.), zu denen der dritten Art viele, erst in neueren Zeiten, in mehreren Staaten, gestiftete Orden. In ältern Zeiten suchte man sogar durch manchen Orden die Unterstützung der Nothleidenden und kriegerische Tapferkeit zugleich zu befördern: dahin gehörten z. B. der Johanniter Orden (s. d. A.), der deutsche Orden (s. Th. I. S. 343.), der Tempelherren Orden (s. d. Art.)

II) nennt man – ohne hier weitläufig die Bedeutung von Orden als äußerlichen Kenn- ober Ehrenzeichen das die Mitglieder gewisser Orden tragen, aufzuführen – nach den Grundsätzen des katholischen Kirchenrechts, Orden: die verschiedenen Grade oder Stufen, durch welche die Geistlichen der katholischen Kirche sich von einander unterscheiden und zu denen sie nach und nach gelangen. Denn durch jeden neuen und höhern Orden erhält ein katholischer Geistlicher die Fähigkeit, gewisse geistliche Handlungen, die er vorher nicht verrichten konnte, auszuüben. Man theilt diese Orden der katholischen Geistlichkeit in höhere oder heilige, und niedere, oder nicht heilige ein. Alle zu Haltung des Meßopfers oder Messelesens, oder zu den unmittelbar bei demselben nöthigen Handlungen, erforderlichen geistlichen Aemter (ordines) sind wichtiger und vornehmer, als diejenigen, die bei dem Messelesen und den dazu nöthigen Handlungen entweder gar nicht, oder doch nur bei solchen Handlungen gebraucht werden, die mit dem Meßopfer in einer sehr entfernten Verbindung stehen: daher die Benennung von höheren oder heiligen, niedern oder nicht heiligen Orden. Es giebt sowohl vier höhere, als auch vier [173] niedere Orden. Die vier höheren bekleiden: 1) der Bischoff, 2) der Presbyter (s. diese Art. i. d. N.), 3) der Diaconus, 4) der Suboiakonus. Beide erstere können selbst Messe lesen; beide letztere stehen blos dem Messelesenden Bischoff oder Presbyter bei dieser Verrichtung bei. – Die niedern Orden bekleiden: 1) die Acolythen oder Acoluthen (s. d. A i. d. N.), 2) die Exorcisten, d. h. diejenigen, welche Bann und Beschwörungen aussprechen: ihr Amt war in älteren Zeiten sehr wichtig; 3) die Lectoren, d. h. diejenigen, welche das, was der Gemeine vorzulesen ist, in der Kirche vorlesen; 4) die Ostiarien oder Thürschließer: diese haben mit den Acoluthen beinahe gleiche Verrichtungen; nur mit dem Unterschied, daß die Acoluthen dasjenige, was in der Kirche zum Gottesdienst gebraucht wird, besorgen, die Ostiarien hingegen das, was außer der Kirche gebraucht wird. – Die Protestanten weichen von diesen Grundsätzen des katholischen Kirchenrechts ganz ab und erkennen keine Grade oder Orden in Ansehung der Fähigkeit zu Ausübung der geistlichen Handlungen an. Vielmehr kann ein protestantischer Geistlicher, der die Ordination (s. d. A. i. d. N.) erhalten hat, alle einem Geistlichen zukommende Gottesdienstliche Handlungen verrichten. Auch erfordern diejenigen Stellen, mit denen blos gewisse, bei Ausübung der eigentlichen gottesdienstlichen Handlungen vorkommende, Verrichtungen verbunden sind, keine Ordination und die Personen, denen solche Stellen übertragen sind z. B. Küster, Cantoren etc. sind blos zur Kirche gehörige Personen, oder Kirchendiener, keineswegs aber Geistliche. Unter den protestantischen Geistlichen findet jedoch eine gewisse Rangordnung und Subordination Statt und zwar aus folgenden Hinsichten: 1) weil einem Geistlichen bei seiner Anstellung entweder die Ausübung aller geistlichen Handlungen übertragen worden ist, (in diesem Falle heißt er Pastor, Pfarrer, Presbyter) oder nicht (ein Geistlicher, der nur zum Predigen, oder in einer Kirche, wo keine Sacramente verwaltet werden, augestellt ist, heißt blos Prediger); 2) weil entweder das Amt des Geistlichen mit einer Direction [174] der Gottesdienstlichen Handlungen in der Kirche, an der er angestellt ist, verbunden (dieser heißt alsdann Oberpfarrer, Pastor primarius) oder blos zu Unterstützung dieses dirigirenden Geistlichen angeordnet ist, (diese als Gehülfen beigeordneten Geistlichen heißen Diaconi, Subdiaconi etc.); 3) weil ein Geistlicher entweder einzig und allein auf die Ausübung der priesterlichen Verrichtungen eingeschränkt ist, oder zugleich eine geistliche Aufsicht über mehrere Kirchen hat. Geistliche der letzteren Art nennt man Superintendenten.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 172-175.
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