Abschätzung

[13] Abschätzung oder Taxation ist die Ermittelung des wahren Werthes einer Sache durch öffentlich angestellte Taxatoren. In der Regel schätzen diese eher zu niedrig als zu hoch, um dadurch nicht den Übernehmer oder Darleiher zu beinträchtigen. Wenn jedoch ein Privatmann einen Theil seines Eigenthums zur allgemeinen Benutzung, z.B. ein Stück Feld zu Anlegung einer Straße, abtreten muß, so fodert es die Billigkeit, daß bei der Abschätzung der Preis desselben für den Besitzer so günstig gestellt werde, als es der wahre Werth der Sache nur irgend gestattet. Beim Steuerwesen versteht man unter Abschätzung die Ermittelung und Angabe des Einkommens, von welchem directe Abgaben zu entrichten sind. Dies ist besonders bei nicht fixirter Einnahme schwierig, indem dabei darauf Rücksicht zu nehmen ist, ob das Einkommen aus Grund und Boden oder durch werbende Capitalien, oder endlich durch Erwerbs- und Geschäftsthätigkeit gewonnen wird. Das Einkommen von Grund und Boden kann auf zweierlei Weise abgeschätzt werden, entweder durch Beurtheilung der Güte und Ertragsfähigkeit der Grundstücke selbst, was man Bonitiren (s.d.) nennt, oder nach dem Kaufpreise derselben, in, dem man untersucht, wie viel sie, nach Abzug der Kosten für Bearbeitung und Lebensunterhalt, reinen Ertrag geben und diesen als die Interessen eines zu verzinsenden Capitals betrachtet. Capitalisten läßt man meist selbst sich abschätzen, d.h. den Betrag ihres Einkommens an Zinsen angeben, jedoch unter Beobachtung schützender Vorkehrungen gegen falsche Angaben. Die Abschätzung des Einkommens Gewerbe und Handel treibender Personen geschieht am besten durch eine besondere Abschätzungscommission, welche aus sachverständigen und redlichen Männern, zu denen die Steuerpflichtigen Vertrauen haben, zusammengesetzt ist, und muß wegen der Wandelbarkeit dieser Art des Einkommens in nicht zu langen Zeiträumen wiederholt werden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 13.
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