Cambacérès

[368] Cambacérès (Jean Jacques Regis de), Erzkanzler des franz. Kaiserreichs und Herzog von Parma, war 1753 zu Montpellier geboren und wurde für den Richterstand erzogen, dem seine Familie schon mehre tüchtige Mitglieder geliefert hatte. C. folgte 1771 seinem Vater im Amte, der Rath bei der Verwaltungskammer seiner Vaterstadt war und wurde 1789 als zweiter Abgeordneter des Bezirks zu den Generalständen erwählt, allein das Recht zu dieser Wahl nicht anerkannt. Seine Gewandtheit in Geschäften und seine Talente halfen ihm jedoch bald weiter und C. war Präsident des peinlichen Gerichtshofes von Herault, als er 1792 in den Nationalconvent abgeordnet ward, wo er sich mit außerordentlicher Umsicht benahm und vorzüglich mit der Rechtspflege beschäftigte. Nachdem er im Dec. 1792 beauftragt worden, den angeklagten Ludwig XVI. wegen der Wahl seiner Vertheidiger zu befragen, bewirkte er den Beschluß, welcher den erwählten Rechtsbeiständen freien Zutritt zu dem Könige sicherte und obgleich er später in das wider denselben ausgesprochene Schuldig einstimmte, besaß er den Muth, dem Convente das Recht abzusprechen, den König zu richten, stimmte endlich für dessen einstweilige Verwahrung und nur im Falle eines feindlichen Einfalles für den Tod. Von C. wurde Dumouriez (s.d.) des Verraths angeklagt, allein bald darauf mußte er sich selbst wegen eines zweideutigen Urtheils über ihn in dem aufgefangenen Briefe eines Ausgewanderten rechtfertigen und verlor seitdem die Gunst der Republikaner. In den Wohlfahrtsausschuß und zum Präsidenten desselben gewählt, leitete er vorzüglich die auswärtigen Angelegenheiten, ging dann in den Rath der Fünfhundert über, wo er den Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs vorlegte, der die Grundlage des Code Napoleon abgab, und war Justizminister, als er in Folge des 18. Brumaire (s.d.) durch Bonaparte zur Würde eines zweiten Consuls gelangte. Nach Errichtung des Kaiserthums wurde C. Erzkanzler, 1808 Fürst von Parma und besaß stets das unbedingte Vertrauen seines Gebieters, der ihn mit Ehrenbezeigungen überhäufte und bei Eröffnung des Feldzuges von 1813 zum Präsidenten des Regentschaftsrathes ernannte, welcher der in Abwesenheit Napoleon's zur Regentin eingesetzten Kaiserin beigegeben war. Er folgte derselben 1814 nach Blois, gab von dort seine Zustimmung zu Napoleon's Absetzung und trat ins Privatleben zurück, aus dem ihn 1815 der Befehl seines von Elba wiedergekehrten Gebieters an seine frühere Stelle versetzte; nach dem abermaligen Sturze desselben wurde er aber mit den sogenannten Königsmördern verbannt und lebte in Brüssel, bis er 1818 die Erlaubniß zur Rückkehr nach Paris erhielt, wo er 1824 als Privatmann starb.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 368.
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