Euripides

[704] Eurīpides, einer der drei größten griech. Trauerspieldichter, geb. 480 v. Chr. zu Salamis, grade an dem Tage, an welchem die Griechen hier den denkwürdigen Sieg über die Perser unter Xerxes (s.d.) erfochten. Der Vater des E. wollte ihn zum Athleten (s.d.) bilden; aus eignem Trieb aber widmete er sich erst der Malerei, dann der Philosophie und Rhetorik, und ging erst spät zur tragischen Dichtkunst über. Er soll vom 40. Jahre an noch 75–92 Tragödien geschrieben haben, von denen 15 bei der gleichzeitigen Aufführung mit Stücken anderer damals lebender berühmter Tragiker den ersten Preis erhielten. Neben Sophokles (s.d.) war er der Liebling der Griechen und auch im Auslande sehr geachtet, lebte bis in sein 70. Jahr zu Athen, ging dann nach Pella an den Hof seines Gönners, des macedonischen Königs Archelaus, fand aber hier schon nach drei Jahren (407 v. Chr.) seinen Tod, indem er, wie erzählt wird, von Hunden zerrissen oder tödtlich verwundet wurde. Archelaus ließ ihm ein prächtiges Grabmal errichten, mit der Aufschrift: »Nie wird, E., dein Angedenken erlöschen«, und die Athener setzten ihm ein Monument, mit den Worten: »Ganz Griechenland ist des E. Denkmal, Macedoniens Erde deckt nur seine Gebeine.« Von E.'s Trauerspielen sind nur 19 vollständig auf unsere Zeit gekommen und von Bothe (5 Bde., Berlin 1800–3) auch ins Deutsche übersetzt worden. E. verstand seine Stücke geschickt dem damaligen Geschmacke der Griechen anzupassen, wählte seine Worte mit großer Sorgfalt und wußte vorzüglich die Gemüther zu rühren; dabei war er unübertrefflich in der naturgetreuen Darstellung der verschiedenen menschlichen Charaktere, namentlich wenn sie von Schmerz und Leidenschaft angeregt sind, und Aristoteles (s.d.) sagt von ihm sehr treffend: »E. schildert die Menschen, wie sie sind und Sophokles, wie sie sein sollen.« Nicht selten waren bei ihm Ausfälle wider böse Frauen, und man hat ihn daher oft den Weiberfeind genannt; doch kann er diesem Geschlecht so abhold nicht gewesen sein, da er sogar zwei Weiber auf einmal gehabt haben soll.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 704.
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