Kiel

[598] Kiel heißt der starke, aus drei Stücken bestehende Balken, welcher den untersten Theil jedes Schiffes ausmacht, sodaß er in der ganzen Ausdehnung desselben sich hinzieht und selbst zum Zusammenhalt und zur Befestigung des ganzen Baues dient. Ost bedienen sich Dichter des Wortes Kiel zur Bezeichnung des ganzen Schiffs. Kielen heißt hiernach ein Schiff mit einem neuen Kiel ausrüsten oder auch es so auf die Seite legen, daß sein Kiel über Wasser kommt und man Ausbesserungen an ihm und andern in seiner Nähe gelegenen Theilen des Schiffs vornehmen kann. Dieses Umlegen des Schiffs wird auch Kielholen genannt, doch versteht man unter dem letztern Ausdruck vorzugsweise eine gewisse, jetzt nicht mehr übliche Strafe, welche wegen ihrer Lebensgefährlichkeit für wenig gelinder als Todesstrafe galt. Sie bestand im Allgemeinen darin, daß man den Verbrecher an den Füßen mit schweren Körpern belastete und an Seile befestigt untertauchte und dann mit Hülfe der Seile unter dem Kiel des Schiffs mehrmals wegzog. Häufig wurde bei dieser Gelegenheit dem Verurtheilten am Kiele der Kopf zerschmettert. – Für Schiffer sagt man auch Kielherr und die Abgabe, welche ein Schiff zahlen muß, wenn es zum ersten Male in einem Hafen vor Anker geht, wird Kielrecht genannt. – Wenn ein Schiff auf dem Meere dahin fährt, so theilt sein Kiel das Wasser und es entsteht dadurch hinter dem Schiffe im Meerwasser eine Furche, in welcher der Wellenschlag gemäßigter ist. In diesem sogenannten Kielwasser fahren daher die Böte gern, indem sie sich den größern Schiffen anschließen. – Kiel heißt auch bei den Federn der Vögel der Hauptstamm, an welchem zu beiden Seiten kleinere Federn sitzen, welche zusammen die Fahne bilden. Die Kiele der Gänsefedern werden bekanntlich zum Schreiben gebraucht und daher sagen Dichter wol auch Kiel überhaupt für Schreibfeder.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 598.
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