Materie

[80] Materie bedeutet überhaupt Stoff oder Inhalt, das Wesentliche der Körper, und wird gewöhnlich als Gegensatz der Form (s.d.) oder Gestalt gedacht. Von der Gegenwart der Materie überzeugen wir uns vorzüglich durch das Gefühl; der Widerstand aber, welchem man überall begegnet, wo in den Raum eines Körpers einzudringen versucht wird, heißt die Undurchdringlichkeit derselben. Die Materie erfüllt indeß den Raum der Körper nicht durchaus, sondern mit Unterbrechungen, welche man Zwischenräume und Poren nennt und an festen Körpern mit bloßem Auge oder durch Vergrößerungsgläser leicht wahrnimmt; bei flüssigen Körpern aber schließt man auf die Gegenwart von Zwischenräumen daraus, weil es keine Flüssigkeit gibt, welche nicht andere Körper in sich aufnehmen könnte. Als eine andere allgemeine Eigenschaft der Materie lehrt die Erfahrung die Theilbarkeit derselben anerkennen, welche mitunter außerordentlich weit geht, wie z.B. bei den höchst dehnbaren Metallen (s. Dehnbarkeit) und den leuchtenden und riechenden Stoffen. Der Ausdruck Materie wird aber auch in geistiger Bedeutung angewendet, und man redet z.B. von der Materie eines Gesprächs, von den in einem Buche behandelten Materien u.s.w., wo es dann gleichbedeutend mit den behandelten Gegenständen ist. – Materiell heißt, was sich auf die Materie bezieht oder ihr angehört, und wird dem Immateriellen oder Geistigen entgegengesetzt, indem man z.B. von den materiellen Interessen und der materiellen Richtung der Zeit spricht und darunter das Bestreben nach zeitlichem Erwerb und leiblichem Wohlbefinden versteht. – Material und in der Mehrzahl Materialien werden überhaupt Dinge genannt, welche als Stoff und Zuthat zur Verarbeitung und zum Gebrauche für irgend einen Zweck nöthig sind, und es gibt daher z.B. Baumaterialien, Schreibmaterialien und auch Materialien zu gelehrten Werken, welche in den dazu gesammelten Kenntnissen und Notizen bestehen; unter dem Material einer Armee aber wird das Ganze ihrer Artillerie, Munitionswagen und des sonstigen Fuhrwesens verstanden, welches zur Ausrüstung gehört. – Materialismus heißt diejenige philosophische Ansicht, welche die Materie oder das Körperliche als die Grundursache alles Vorhandenen betrachtet und daher auch die geistige Natur der Seele leugnet. Die Anhänger dieser Meinung, welche übrigens auf einer blos willkürlichen Voraussetzung beruht, heißen im philosophischen Sinne Materialisten, und zu ihnen gehören viele Philosophen des Alterthums, allein auch neuere und besonders franz. Schriftsteller des 18. Jahrh. sind als Vertheidiger derselben aufgetreten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 80.
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