Nathusius

[242] Nathusius (Gottlob) auf Althaldensleben, dessen Leben ein achtungswerthes Beispiel industrieller Bestrebungen darbietet, deren Gelingen bei kluger Anlage freilich auch vom Glücke vielfach begünstigt wurde, war der Sohn armer aber rechtlicher Leute und 1760 in Baruth geboren. Als Lehrling eines Krämers in Berlin wußte er sich durch eignen unermüdlichen Fleiß so vorzügliche kaufmännische Kenntnisse zu erwerben, daß er in einer angesehenen Handlung zu Magdeburg erster Buchhalter wurde. In dieser Stellung machte er sich so nützlich, daß ihm endlich die Leitung der Geschäfte fast ganz überlassen ward und sein Principal im Testamente die Fortführung der Handlung nach seinem Tode davon abhängig machte, daß N. Theilnehmer derselben werde. Nach dem Eintreten dieses Falles ward also die Handlungsfirma »Sengewald« in »Richter und Nathusius« verändert und N. erwarb vorzüglich durch Speculation in Taback und Anlegung einer Tabackfabrik, als nach Friedrich II. Tode das Tabacksmonopol in Preußen aufhörte, ein ansehnliches Vermögen und das größte Vertrauen der Handelswelt. Seine Unternehmungen brachten ihn selbst in Verbindung mit mehren Regierungen und er sollte nach Friedrich Wilhelm III. Regierungsantritt als Geheimrath Mitglied der königl. Commission für die neuerrichtete Tabacksregie wer den, lehnte aber dies ab, weil er die beabsichtigten Maßregeln nicht billigen konnte. Durch den kinderlosen Tod seines Handlungstheilnehmers und seiner Witwe war N. alleiniger Herr des Geschäfts geworden und wußte mit kluger Benutzung der Zeitverhältnisse[242] und seiner ohnedies bedeutenden Mittel diese fortwährend zu mehren. Unter der königl. westfäl. Regierung verwendete er die aus dem minder einträglich gewordenen Tabackshandel gezogenen Capitale zum Ankauf des Klosters Althaldensleben und einiger anderer darangrenzender Güter bei Magdeburg, und das so erlangte Besitzthum von beinahe 1/2 ! M. des fruchtbarsten Bodens ward nun der Schauplatz der vielseitigsten, mit der Landwirthschaft verbundenen Gewerbthätigkeit. Die Bewirthschaftung ward zunächst in allen ihren Zweigen verbessert, es wurden Brauereien, Brennereien, Mühlen nach den vollkommensten Mustern eingerichtet, Gärten, Gewächshäuser, Baumpflanzungen an wüsten Stellen, Ziegeleien, Steingut- und Porzellanfabriken, eine Runkelrübenzuckerfabrik, aus der später aber eine Raffinerie westind. Zucker wurde u. dgl. m. angelegt, und N. selbst stand der Leitung dieser Unternehmungen überall hauptsächlich vor. So brachte es der unermüdliche, im Aeußern wie in seiner ganzen Lebensweise stets der Einfachheit huldigende Mann dahin, anstatt der vorgefundenen 200 meist armen Bewohner seiner Besitzungen, als er 1835 im Genuß hoher persönlicher Achtung starb, 1300 fleißige und glückliche Arbeiter und in den sogenannten Nathusius'schen Dörfern wahre Musterwirthschaften zu hinterlassen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 242-243.
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