Rad

Rad
Rad
Rad

[616] Rad wird überhaupt ein flacher, kreisrunder Körper genannt, welcher um eine feste Achse beweglich ist oder fest an einer beweglichen Achse (Welle) sich befindet, und das Hervorbringen einer Bewegung, die Fortpflanzung oder Erleichterung derselben vermitteln hilft.

In der Mechanik machen Räder einen wesentlichen Bestandtheil fast aller zusammengesetzten Maschinen aus, und werden z.B. in den zahllosen Arten kleiner und großer Mühlen- und Walzwerke, in den Uhren und bei der Verwendung der Kraft der Dampfmaschinen, in den Spinn- und Webmaschinen, am Spinnrade, an der Drechselbank und bei allen Arten von Räder, fuhrwerken in den mannichfaltigsten Abänderungen angetroffen. Die gewöhnlichen hölzernen Räder an Fuhrwerken bestehen aus der Nabe (s.d.), dem hohlen Mittelpunkte, mit der sie an die Achse gesteckt werden und in der strahlenförmig die Speichen befestigt sind, welche der aus den Felgen gebildete Kranz umschließt. Dieser ist wieder mit eisernen Schienen beschlagen oder wird noch besser von einem eisernen Reisen zusammengehalten. Die Speichen werden nicht senkrecht in die Nabe befestigt, sondern etwas nach auswärts gerichtet, was der Sturz des Rades heißt und zum Zwecke hat, den Rädern der Fuhrwerke größere Haltbarkeit für die Fälle zu geben, wo auf unebenen Wegen eine Seite der Fuhrwerke tiefer geht als die andere und daher auch die Last nach einer Seite wirkt. Räder ohne Speichen aus Holz sind noch hin und wieder in Spanien und Portugal bei den Landleuten üblich. Die vortheilhafteste Größe der Räder an Fuhrwerken, welche z.B. von Pferden gezogen werden sollen, ist die, daß die Nabe mit der Brust der Pferde gleiche Höhe hat und die Zuglinie folglich eine wagerechte ist. Das Letztere sucht man an Fuhrwerken, welche niedrige Vorderräder haben, dadurch herzustellen, daß die Deichsel aufwärts gekrümmt und die Wage zum Anspannen über derselben angebracht wird. Für Lastwagen sind Räder mit breiten Felgen die vortheilhaftesten, welche kein tiefes Gleis machen, und in England, Frankreich, sowie in einigen deutschen Ländern ist deshalb eine gewisse Breite der Felgen im Verhältnisse zur Belastung vorgeschrieben, ja in Frankreich fodert sogar das Gesetz, daß die Hinterräder grade um die Felgenbreite der Vorderräder weiter spuren müssen und daher ein zweites dicht neben dem der letztern hinlaufendes Gleis bilden, was für die Chausséen sehr nützlich ist. Das feststehende Rad oder Wellrad, das sich um seinen Mittelpunkt dreht, ohne die Stelle zu verändern und gewöhnlich zu den einfachen Maschinen gerechnet wird, benutzt man häufig, um Lasten zu bewegen, z.B. auf hohe Speicher hinauf oder aus Kellern emporzuheben, oder wie man gewöhnlich sagt, zu ziehen, und eine Maschine oder einen Theil derselben fortzubewegen. Das Wellrad wirkt wie ein zusammengesetzter Hebel, dessen längern Arm der Halbmesser des Rades, den kürzern der Radius oder Halbmesser der Welle und dessen Unterlage oder Drehpunkt die Wellenzapfen abgeben. Wird nun eine Last a mittels eines Seils um die Welle befestigt und durch ein anderes, um den Umfang des Rades gewundenes Seil das Rad durch eine am vortheilhaftesten, d.h. so wirksame Kraft bewegt, daß ihre Richtung eine Tangente zum Umkreise des Rades bildet, so verhält sie sich zur Last, wie der Halbmesser der Welle zu dem des Rades. Je größer der letztere ist, eine desto geringere Last b oder Kraft wird auch erfoderlich sein, um der Last a das Gleichgewicht zu halten oder dieselbe zu überwinden. Die Last wird bei sehr mannichfaltigen Anwendungen des Wellrades[616] mit einem um seine Achse geschlungenen Seil befestigt, verschiedenartiger aber ist die Art, wie die bewegende Kraft wirkt. So ist in vielen Fällen überhaupt kein eigentliches Rad an der Achse vorhanden, sondern diese ist kreuzweise so durchbohrt, daß lange Hebebäume hindurchgesteckt werden können, mittels der die Umdrehung erfolgt und die gleichsam nur die Speichen des Rades sind. Besonders ist das der Fall, wenn die Achse senkrecht steht, wie bei der sogenannten Gangspille auf den Schiffen. (S. Göpel.) In andern Fällen bekommt der Radkranz eine der Beschaffenheit der Kraft angemessene Einrichtung, welche darauf wirken soll, wie z.B. bei den Wasserrädern (s. Mühle) und dem Tretrade. (S. Göpel.) In zusammengesetzten Maschinen ist der gewöhnliche Weg, die Bewegung durch Räderwerke fortzupflanzen, den Umkreis der Räder mit Zähnen zu versehen, welche in die eines andern Rades oder eines sogenannten Getriebes eingreifen, wie man eine mit Zähnen unmittelbar umgebene Achse nennt. Räder mit Zähnen auf ihrem Umkreise, der also gleichsam Strahlen hat, heißen Sternräder, befinden sich aber die Zähne seitwärts an einem Radkranze und mit der Achse parallel, so heißt es ein Kammrad und in Uhrwerken Kronrad und seine Bewegung wird damit rechtwinklich fortgepflanzt; haben sie endlich eine schiefe Richtung gegen die Achse, wie die hier abgebildeten, so sind es schräge Räder, mittels deren eine radförmige Bewegung in jedem beliebigen Winkel übertragen werden kann. Soll eine gezahnte Stange durch ein Rad fortbewegt werden, so muß sich an seiner Welle ein Getriebe befinden, welches in die Zähne der Stange eingreift. In zahlreichen Fällen wird die Bewegung von einem Rade auf das andere, auf eine Achse oder von einer solchen auf ein Rad auch durch Bänder, Schnuren und Darmsaiten bewirkt, welche um beide gespannt sind, wie am gewöhnlichen Spinnrade um das Schnurrad und die Spindel. In den großen Fabriken wird auf diesem Wege hauptsächlich zum Betrieb der einzelnen Maschinen die Kraft der Dampfmaschinen benutzt, indem von diesen umgedrehte lange Wellen durch die Arbeitssäle gehen, mit welchen dann am Standort der einzelnen Maschine die Räder derselben durch solche Bänder in Verbindung gebracht werden. Ein Hauptvortheil dieser Art der Übertragung der Bewegung ist die beliebige Entfernung, in der sie stattfinden kann und daß sowol eine Umdrehung des Rades in gleicher Richtung mit der Welle, als auch, wenn man das Band zwischen beiden sich kreuzen läßt, eine entgegengesetzte des Rades erhalten werden kann. Unter die für besondere Zwecke angewendeten Räder gehören auch die Schöpfräder zur Bewässerung von Wiesen, und die Schwungräder, welche die Gleichförmigkeit einer Bewegung befördern helfen und deshalb auch an Dampfmaschinen angebracht werden. (S. Dampf.) Die Verbindung mehrer Räder steigert übrigens die Wirkung einer Kraft ebenso, wie es mittels zusammengesetzter Hebel (s.d.) geschieht.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 616-617.
Lizenz:
Faksimiles:
616 | 617
Kategorien: