Sybaris

[341] Sybăris, eine berühmte Stadt Großgriechenlands in Unteritalien, lag in Lucanien am tarentinischen Meerbusen und soll 720 v. Chr. durch eine Niederlassung von Achäern und Trözeniern gegründet worden sein. Die äußerst vortheilhafte Lage am Meere und die außerordentliche Fruchtbarkeit des Bodens führten die Stadt schnell zu übermäßigem Reichthum und Überfluß, der aber die Einwohner derselben so verweichlichte und schwelgerisch machte, daß die Sybariten dadurch zum allgemeinen Sprüchwort wurden. Man sagte, daß sie auf Rosenblättern schliefen und sich dennoch beklagten, daß sie davon am Körper und den Gliedern Beulen und Wunden erhielten, daß sie kein Eisen und Kupfer in der Stadt schmieden ließen, damit sie dadurch nicht in der Ruhe gestört würden, und daß ein Gast seinen Besuch viele Monate vorher anmelden müßte, damit die Weiber dazu die Speisen vorbereiten und sich anputzen könnten. Bei einem Umsturz der demokratischen Verfassung der Stadt durch Talys, der sich zum Tyrannen aufwarf, floh ein Theil der Bürger nach der nahe gelegenen Stadt Kroton und ersuchte die Bürger derselben um Beistand. Die Krotoniaten, schon längst auf die Macht und den Reichthum der Sybariten eifersüchtig, benutzten die Gelegenheit zu einem Kriege gegen dieselben. Am Flusse Trais (jetzt Trionto) kam es im I. 510 v. Chr. zwischen beiden Theilen zur Schlacht, in welcher die Sybariten von den Krotoniaten, ungeachtet diese nur 100,000 und jene 300,000 M. ins Feld gestellt hatten, gänzlich geschlagen wurden, worauf die Zerstörung ihrer Stadt folgte. Die zerstreut gewesenen Sybariten bauten sich 58 I. später auf den Ruinen des alten S. aufs Neue wieder an, aber die Stadt wurde von den Krotoniaten nach sechs Jahren, als sie wieder anfing aufzublühen, aufs Neue zerstört. Ebenso mislangen die Versuche der Sybariten, sich anderwärts anzubauen, bis sie zuletzt von den Bruttiern gänzlich vertilgt wurden. Der Name Sybarit bezeichnet noch jetzt einen Menschen, welcher der Weichlichkeit, der Schwelgerei und dem Hochmuthe ergeben ist.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 341.
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