Trotzendorf

[485] Trotzendorf (Valentin Friedland), einer der berühmtesten deutschen Schulmänner des 16. Jahrh., wurde 1490 zu Trotzendorf in der Oberlausitz (oder nach minder wahrscheinlicher Angabe zu Friedland in der Niederlausitz) geboren und hatte Landleute zu Ältern. Im elften Jahre kam er zur Erziehung in ein Kloster nach Görlitz, kehrte aber bald nach Hause zurück, weil er lieber ein Bauer als ein Mönch werden wolle. Der Pfarrer und der Schulmeister seines Geburtsorts unterrichteten den befähigten Knaben jetzt im Lesen, Schreiben und Rechnen, und 1506 bezog er die Schule in Görlitz, wo er sich durch seinen ausdauernden Fleiß den besondern Beifall der Lehrer erwarb. Nach seiner Ältern Tode (1513) verkaufte er sein Erbe und ging nach Leipzig, wo er hauptsächlich die alten Sprachen studirte, 1515 Magister wurde und als Unterlehrer nach Görlitz zurückgekehrt, den andern dortigen Lehrern im Griechischen und Lateinischen forthalf. Das Auftreten Luther's zog ihn 1518 nach Wittenberg, wo er von einem getauften Juden Hebräisch lernte, und da er den Unterricht nicht bezahlen [485] konnte, dafür die Stelle eines Dieners bei ihm versah. Während seines spätern Aufenthalts in Wittenberg erwarb sich T. viel durch Privatunterricht, ward 1523 als Rector an das zu Goldberg neuerrichtete Gymnasium berufen, vertauschte aber diese ihm unangenehm gewordene Stelle 1527 mit der eines Lehrers zu Liegnitz, und ging 1529 wieder nach Wittenberg. Unter veränderten Umständen kehrte er 1531 als Rector an die Schule nach Goldberg zurück, welche nun in kurzer Zeit durch ihn so in Ruf kam, daß sie oft mehr als 1000 Schüler zählte, die sämmtlich in den Schulgebäuden wohnten und über welche nach den von T. getroffenen Anordnungen größtentheils Schüler die nähere Beaufsichtigung mit dem ausgezeichnetsten Erfolge führten. Auch beim Unterricht in den untern der von ihm eingeführten sechs Classen verwendete er Schüler der obern, wo er anfangs ganz allein lehrte und erst später sich von mehren Lehrern unterstützen ließ. In den letzten Jahren vermochte T. die nach Art der republikanisch-röm. Verfassung gebildete Schulordnung nicht mehr mit voller Kraft durchzuführen und war mit Ausarbeitung eines neuen Schulplanes beschäftigt, als die Schulgebäude abbrannten und T. sich deshalb mit seinen Schülern nach Liegnitz wenden mußte, wo er, vom Alter und Kummer gedrückt, nach einer 33jährigen ausgezeichneten Thätigkeit 1556 starb.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 485-486.
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