Unterleid

[531] Unterleid (der), der untere Theil des Rumpfes oder Stammes des Körpers, beginnt oben mit der untern Endigung des Brustbeines und endet mit den Geschlechtstheilen wird hinten von dem Rückgrate, seitlich von den sogenannten falschen Rippen und den Hüftbeinen begrenzt. Äußerlich unterscheidet man daran die Oberbauchgegend, welche sich von dem schwertförmigen Fortsatze oder Schwertknorpel des Brustbeines bis zu den untersten falschen Rippen erstreckt; die mittlere Bauchgegend, die von da hinunter bis zu dem Hüftbeinkamme beider Seiten geht und die den übrigen Theil bildende Unterbauchgegend, welche seitlich und hinten von den Beckenknochen eingeschlossen wird. Diese zerfallen dann wieder in einzelne Abtheilungen. So unterscheidet man in der Oberbauchgegend insbesondere wieder den mittlern unter dem Schwertknorpel gelegenen Theil, der die Herzgrube heißt, und zwei seitliche Gegenden, die sogenannten Hypochondrien, welche von den fünf untersten Rippen umgeben werden, in der mittlern Bauchgegend den mittlern Theil derselben, dessen Mittelpunkt der Nabel ist, die Nabelgegend, zu beiden Seiten dieser die Lendengegenden, in der Unterbauchgegend vorn die Schamgegend, zu beiden Seiten dieser in der Beugung zwischen Schenkel und Unterleib die Weichen. Die Unterleibshöhle, welche nach oben durch das Zwerchfell von der Brusthöhle geschieden, seitlich von den falschen Rippen und zum Theil von den Bauchmuskeln, hinten von dem Rückgrate, vorn von den Bauchmuskeln und unten durch die Beckenknochen eingeschlossen wird, enthält sowol die für die Verdauung, überhaupt vorzugsweise zur Ernährung des Körpers, als auch die zur Absonderung und Ausführung des Harns und zur Fortpflanzung bestimmten Eingeweide. Insbesondere liegt in der Gegend der Herzgrube der mittlere Theil und das rechte Ende des Magens mit dem größten Theile des Zwölffingerdarmes, dem linken Lappen der Leber, dem kleinen Netze und einem Theile der Bauchspeicheldrüse; in dem rechten Hypochondrium der rechte Leberlappen und das rechte Ende des Quergrimm-oder Dickdarms; in dem linken Hypochondrium der blinde Sack des Magens, die Milz, der schmälere Theil der Bauchspeicheldrüse und das linke Ende des Quergrimmdarms; in der Nabelgegend von dem großen Netze bedeckt der Dünndarm; in der rechten Lendengegend die rechte Niere und der aufsteigende Grimmdarm, in der linken Lendengegend die linke Niere und der absteigende Dickdarm; in der rechten Hüftgegend der Blinddarm, in der linken der absteigende Dickdarm, in den Weichen die Weichendrüsen, weiter unten innerhalb der Beckenhöhle nach vorn die Harnblase, hinter dieser der Mastdarm, zwischen bei den bei dem weiblichen Geschlechte die Gebärmutter. Der Unterleib bietet, was den Blutumlauf und die Äußerungen des Nervenlebens anlangt, einige Eigenthümlichkeiten dar und diese sind es, welche den Begriff der sogenannten Unterleibskrankheiten begründen. Zwar kann man dazu die eines oder mehrer der in der Unterleibshöhle gelegenen Eingeweide zählen, gewöhnlich aber versteht man darunter nur langwierige Krankheitszustände, die entweder in einer fehlerhaften Beschaffenheit eines der wichtigern Unterleibseingeweide [531] oder in einer anhaltenden Unregelmäßigkeit des Blutumlaufs im Unterleibe oder in einer bleibenden Verstimmung seiner Nerven ihren Grund haben. Zu den erstern gehören vor allen die mannichfachen Leiden der Verdauungsorgane; die zweite Classe der Unterleibskrankheiten bilden vorzugsweise die in Folge eines dauernden Misverhältnisses zwischen Zufluß und Rückfluß des Blutes eintretende Überfüllung der Blutgefäße des Unterleibes, besonders der sogenannten Pfortader, mit einem überwiegend venösen Blute sammt den anderweiten, von dieser abhängigen Krankheitszuständen, unter denen die heutiges Tages immer allgemeiner werdenden Hämorrhoidalleiden eine namentliche Erwähnung verdienen. Die dritte Classe von Unterleibskrankheiten machen diejenigen aus, welche zunächst und hauptsächlich durch eine krankhafte Verstimmung der Unterleibsnerven, des Gangliensystems, bedingt sind; dahin gehören z.B. die Hypochondrie, die Hysterie, der Magenkrampf und, wenn die Verstimmung der Unterleibsnerven über das eigentliche Gebiet dieser hinausreicht, selbst manche Seelenstörungen, wenigstens insofern sie im Unterleibe ihren eigentlichen Ursprung haben. Unter den gewöhnlichsten Ursachen von Unterleibsleiden verdienen besonders angeführt zu werden eine sitzende, mit geistiger Anstrengung verbundene Lebensweise, anhaltende Einwirkung niederdrückender Gemüthsbewegungen, sowie langwieriger Gram, Kummer und Sorge, eine schwerverdauliche, blähende Kost bei zu weniger körperlicher Bewegung in freier Luft, der übermäßige Genuß des Kaffees, sowie geistiger Getränke.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 531-532.
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