Virgilius

Virgilius

[611] Virgilius (Publius) Maro, der ausgezeichnetste Dichter des alten Roms in den Gattungen des Idyll (Hirtengedicht), des Lehrgedichts und Epos, war aus Andes bei Mantua gebürtig und lebte von 70–19 v. Chr.

Seine Bildung erhielt er in Cremona, Mailand und Neapel und namentlich waren der Grieche Syro, ein Epikuräer, und der Dichter Parthemus seine Lehrer. Als er sich später nach Rom wendete, ward ihm die Gunst des Mäcenas (s.d.) und anderer vertrauten Freunde des Augustus, sowie dieses selbst zu Theil, durch die er denn auch seinen Landbesitz bei Mantua, um welchen er im I. 40 bei der Ackervertheilung unter die Soldaten der Triumvirn gekommen war, wenngleich nicht ohne Mühe zurückerhielt. Seiner schwächlichen Gesundheit wegen hielt er sich von jeder politischen Thätigkeit fern und zog es vor, in der ihm von seinen Gönnern gesicherten Ruhe den Wissenschaften und der Poesie als erster Dichter seines an hervorragenden Talenten reichen Zeitalters zu leben. Vor allen zeichnen ihn die vollendetste Kunst des sprachlichen Ausdrucks und des Verses aus, die Gabe der Erfindung dagegen war ihm weniger eigen und zu seinen zehn Eklogen (bucolischen oder Hirtengedichten) war Theokrit, zu dem auf des Mäcenas Veranlassung entstandenen Lehrgedicht vom Landbau in vier Büchern (Georgica) Hesiod, endlich zu seinem Nationalgedicht, der Äneïde in zwölf Büchern, Homer das Vorbild. Außerdem werden ihm noch mehre kleine Gedichte, jedoch zum Theil mit Unrecht, zugeschrieben. Um seine Äneïde mit voller Muße zu vollenden, hatte sich V. nach Griechenland begeben, kehrte jedoch bald mit dem aus dem Orient zurückkommenden Augustus zurück, erkrankte unterwegs und starb in Brundusium oder Tarent. Seinem Wunsche gemäß wurde seine Leiche. nach Neapel gebracht und seine Asche an der Straße nach Puteoli am Fuße des Pausilippo beigesetzt, wo man noch die Trümmer seines Grabmals zeigt. Ebenso hatte er auf dem Sterbelager die Vernichtung der von ihm als unvollendet betrachteten »Äneis« angeordnet, die jedoch auf August's Befehl unterblieb. Eine vorzügliche deutsche Übersetzung der Werke V.'s hat I. H. Voß (2. Aufl., 3 Bde., Braunschw. 1821) geliefert.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 611.
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