Wöllner

[751] Wöllner (Joh. Christian von), unter Friedrich Wilhelm II. seit 1788 Staatsminister und Chef der geistlichen Angelegenheiten in Preußen, der Veranlasser des berüchtigten preuß., auch Wöllner'sches genannten Religionsedicts vom 9. Jul. 1788, war ein Predigerssohn und 1727 zu Dövritz geboren. Nachdem er in Halle Theologie studirt hatte, war er seit 1759 Prediger in Großbenitz bei Berlin, trieb auch praktische Landwirthschaft und verfaßte mehre ökonomische Schriften, durch welche Prinz Heinrich von Preußen bewogen ward, W. nach Niederlegung seines Amtes zum Kammerrath ernennen zu lassen. Friedrich Wilhelm II. verlieh ihm 1786 den Adel und ernannte ihn zum geheimen Oberfinanzrathe und Intendanten der königl. Bauten, sowie 1788 zum Staatsminister. Der auf den König erlangte große Einfluß machte es ihm leicht, der Zeit und vorher in Preußen befolgten Grundsätzen zuwiderlaufende Maßregeln zur Beeinträchtigung der Glaubensfreiheit und Begünstigung von Schwärmerei und Mysticismus durchzusetzen. In dem oben erwähnten Religionsedicte ward daher die Abweichung geistlicher Lehrer von den symbolischen Büchern mit Amtsentsetzung bedroht und in gleichem Geiste durch ein Censuredict wegen theologischer Schriften und Verordnungen der geistlichen Prüfungen u.a. gewirkt. Dies erfuhr natürlich [751] lebhaften Widerspruch, es wurden gegen 100 Schriften dafür und dagegen geschrieben und die Aufhebung des Religionsedicts erfolgte nach dem Regierungsantritte Friedrich Wilhelm III. sammt der Entlassung W.'s (1797), der auf seinem Gute Großriez bei Beeskow in Brandenburg 1800 starb.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 751-752.
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