Genf

[373] Genf, Genève, das alterthümliche Geneva, mit 28,500 Ew., an der reizenden Mündung des Rhone, am lachenden Genfer See, die größte Stadt in der Schweiz, die Hauptstadt ihres Cantons, blühend wie die Umgebungen, Bonnet's und Rousseau's Geburtsort, welchem Letzteren 1835 die Stadt ein schönes Denkmal errichten ließ. Fabriken in Tuch, Wolle, Seide, Gold und Emaille, Niederlagen von franz., italien. und deutschen Waaren, und ein Hafen, der stets mit Schiffen gefüllt ist, erheben Genf zu einer wichtigen Handelsstadt. Universität und Schulen, gemeinnützige Societäten für Ackerbau, Künste, Naturwissenschaft, Medicin, Bibelgesellschaften, Missionsanstalten, vorzügliche Versorgungsanstalten für Waisenmädchen und Kinder, Observatorien, Collegien, Schauspielhaus, Museen und Gärten, wichtige Bibliotheken, Gemälde-, Kunst- und Naturaliensammlungen wirken in Genf gleich thätig für Kunst, Wissenschaft und Industrie. Weltbekannt ist die Liebenswürdigkeit der Genferinnen, ihr seiner, geselliger Ton; der wahrhaft gebildete Geschmack in der Kleidung, welcher weniger der Mode als den Gesetzen der Schönheit huldigt, verleihet ihnen einen ganz eigenthümlichen Reiz. Auf Bällen, im Concert und Theater wird dieser einheimische und schöne Zug unverkünstelter Weiblichkeit sichtbar, und eben dieß zieht aus allen Nationen, vor allen[373] aus England, ganze Kolonien von Fremden nach Genf und in seine Umgebungen. Landhäuser, Villen und Schweizerdörschen von buntem Gemisch fremder Nationen belebt, – die Terrasse »la Traille,« von der man die erhabene Aussicht auf den Salève und die Savoyischen Alpen genießt, – »St. Antoine« oder »Place Maurice,« von dem aus man den glänzenden Spiegel des Sees mit seinen lachenden Ufern und Bergen in unermeßlicher Ausdehnung vor sich sieht, – der schöne »Place de bel Air« zwischen den Rhonebrücken und dem höhern Theile der Stadt, –Alles gleicht einem englischen Park, in welchem Genf das Lustschloß ist. Ueberall die üppigste Vegetation, Wiesen, Felder, Weinberge mit lebendigen Hecken. Die Anhöhe von St. Jean, der Hügel von Sassonex, Montbrillant, Plainpalais, Tour des Jardins, Cologny, Boissiere und Champal gewähren die entzückendste Aussicht. Will man aber Genf's idyllische Reize genießen, so muß man Ausflüge in die Gründe des Montblanc, nach Chamouny-Thal, Fort-Eclüse, Perde du Rhone, Dole und dem großen und kleinen Salève machen.

K.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 373-374.
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