Hannover

[165] Hannover, Königreich im nordwestlichen Deutschland, mit 1,666,000 Ew. auf 695 Quadrat M. Der schöne und reiche Harz nimmt den südlichen und höhern Theil des Landes ein, während in den Niederungen, Wiesen, Heiden und urbar gemachten Sandebenen mit den durch Dämme oder Deiche dem Meere abgewonnenen Marschländern wechseln, durchschnitten von klaren Bächen, übersäet von volkreichen Dörfern. Viele meist schiffbare Flüsse durchströmen das Land; wie die Elbe, die Weser und die Ems mit ihren zahlreichen Nebenflüßchen. Landwirthschaft, Jagd und Bergbau beschäftigen die Bewohner des Landes bei weitem mehr als Handel und Industrie. Lüneburg, Harburg, Osnabrück und Münden sind die Haupthandelsplätze, und Göttingen als Universität die Zierde des Landes. Die Geschichte Hannovers beginnt mit der ältesten Deutschlands. Es war das Land der Cherusker, das einen Hermann erzeugte, den Sieger in der Teutoburger Schlacht; es war der Schauplatz der Kriege des Drusus und Germanikus. Die nordsächsischen Stämme bewohnten alsdann diese Gegenden, unbesiegt von Karl d. Gr. aber zum Christenthume bekehrt. Im zwölften Jahrh. war Heinrich der Löwe der mächtige Beherrscher des Landes und der Raugraf von Dassel hatte hier seine Besitzungen; aber seitdem war es durch die verheerenden Kriege in Deutschland mehr oder minder bestürmt. Hannover gab seit Georg I. den[165] Briten eine Reihe von Königen. Die gleichnamige Hauptst. des Reichs, an der Leine, hat 28,000 Ew. schöne Promenaden, Trottoirs, elegante, reinliche, des Nachts mit Gas beleuchtete Straßen. Der Palast des Generalgouverneurs, dem königl. Schloß gegenüber, ist das prächtigste Gebäude der Stadt, wiewohl auch das Archiv- und Bibliothekgebäude, das Ständehaus, die Marställe und das Buschische Haus durch ihren edeln Styl sich auszeichnen. Auf der Esplanade steht die 162 F. hohe und 12½ F. dicke Waterloosäule und auf einer kleinen schattigen Höhe eine Rotunde von 8 Säulen in der Mitte die Büste des unsterblichen Leibnitz. Eine Menge schöner Gärten umgeben die Stadt und den Hintergrund der Umgegend hebt das Deister Gebirge. In der Nähe befindet sich das Schwefelbad Limmer, so wie der Hellerbrunnen am Deister Gebirge. Nach Herrenhausen, einem Lustschloß und Garten, von Georg I. der Gräfin Platen gewidmet, führt eine prachtvolle Linden- und Ulmenallee am Wallmoden'schen, jetzt königl, Garten vorüber, der viele Kunstschätze enthält, und Montbrillant, dem königl. Lustschloß, vorbei. Das zahlreich und oft besuchte Hölzchen Ellenriede ist das Rosenthal von Hannover, und das malerische Dörfchen Mariensee Hölty's Wiege. Als ihren Lieblingsort besucht die schöne Welt den Park zu Marienwerder, der zwei Stunden von der Stadt liegt. Hannover ist der Geburtsort von Herschel, Iffland und den beiden Dichtern Schlegel, so wie auch des beliebten Novellisten Blumenhagen. Es hat Fabriken in Leder, Cichorien, Karten, Tapeten, Gold- und Silberstickereien, Wachstuch, Strümpfen etc.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 165-166.
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