Linde

[369] Linde, eine Pflanzengattung, von welcher wir nur die zwei inländischen Arten, die Sommerlinde und die Winterlinde, anführen. Erstere wird selten in Wäldern angetroffen, mehr auf Wiesen[369] wild wachsend und zu Alleen benutzt. Ihre Wurzel breitet sich unter den Laubhölzern am weitesten aus und geht ziemlich tief. Die Rinde ist Anfangs dunkelgrün, im Alter schwärzlich und rissig, die Blätter herzförmig zugespitzt, am Rande gezähnt, oben glänzend dunkelgrün, unten mit weißlichen Adern gezeichnet. Die im Juni und Juli auf einem gemeinschaftlichen Stiele erscheinenden Zwitterblüthen haben einen sehr angenehmen Geruch und geben den Bienen reiche Nahrung. Durch Destillation erhält man von ihnen das bekannte Lindenblüthenwasser, welches medicinisch gegen krampfhafte Zufälle angewendet wird. Aus der Frucht preßt man ein süßes, dem aus Mandeln ähnliches Oel. Die jungen Bäume lassen sich bis ins 30. Jahr versetzen und erreichen ein Alter von 800 J. Das Holz ist weich, weiß, leicht und zähe und wird vorzüglich zu Drechslerarbeiten benutzt. Die Kohlen sind wegen ihrer Leichtigkeit zum Schießpulver und wegen ihrer Feinheit zum Zeichnen und zum Zahnpulver sehr brauchbar. Aus dem in Wasser aufgeweichten Bast verfertigt man Stricke, Körbe, Matten, in Rußland sogar Hüte, Schuhe etc. Die Winterlinde, auch Steinlinde, findet sich zuweilen in Holzungen wild wachsend. Sie hat eine bräunere Rinde, gröberes, knotiges, röthlich gelbes Holz und kleinere, fünffächerige Samenkapseln. Ihre Blätter kommen später, werden auch nicht ganz so groß und bleiben im Herbst länger sitzen. Sie wird theils zu Alleen, theils als Buschholz benutzt. Die schwarze amerikanische und die karolinische Linde dienen nur zur Abwechselung in den Pflanzungen. In der Blumensprache bezeichnet die Blüthe: den ersten Seufzer der Liebe.

L. M.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 369-370.
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