Inquisition

[423] Inquisition. Papst Innocenz I. errichtete eine geistliche Behörde, deren Aufgabe es war, die abtrünnigen Glieder der wahren Kirche zu bessern oder zu bestrafen. Diese Behörde, unmittelbar unter dem päpstlichen Stuhle stehend, wurde die heil. Inquisition genannt. In Glaubenssachen übten die Inquisitionen selbst über die Bischöfe und Priester eine Art Aufsicht aus. Häufig geschah die Anklage anonym, die Verhaftung und der Prozeß, um Aergerniß zu vermeiden, heimlich. Besonders waren Franziskaner- und Dominikanermönche die Beamten der Inquisition, deren Gerichte sich bald in Frankreich, Italien und Spanien (im legtern Lande trotz der Protestation der Bischöfe) verbreiteten. Ihre größte und bekannteste Ausbildung erhielten die Inquisitionsgerichte[423] zu Ende des 15. Jahrhunderts auf der pyrenäischen Halbinsel; sie unterschieden sich wesentlich von andern Glaubensgerichten, und sollten auch dazu dienen, die Gewalt des Adels zu schmälern und die Macht der Krone zu befestigen. Damals war nämlich noch Spanien von zahlreichen Juden und Muhamedanern bewohnt und ein christlicher Mönch, Namens Nuñez, pries in seinen Predigten die Verfolgung der Israeliten als ein verdienstliches Werk. In Folge dieser intoleranten Aufreizung wurden viele Juden zur Annahme des Christenthums gezwungen. Ihre Nachkommen aber waren unter der Königin Isabella und dem Cardinal Gonzalez de Mendoza (14771 besonders ein Gegenstand der Verfolgung der Inquisition, weil man ihnen Schuld gab, heimlich nach den Gesetzen ihrer Väter zu leben und an den Gebräuchen ihrer ererbten Religion zu hängen. Man stellte Lehrer an, um diese Abtrünnigen in den Schoß der Kirche wieder zurückzuführen. – Man gründete, wie es heißt, im Interesse der Regierung, welche sich der Güter einiger, den Muhamedanern (Mauren) ergebener Großen bemächtigen wollte, 1481 eine General-Inquisition, deren oberster Richter Thomas de Torquemada war. Sofort begann diese ihre furchtbare Wirksamkeit. In dem ersten Autodafe (Glaubenshandlung) wurden 7 abgefallene Christen verbrannt und eine große Anzahl den härtesten Bußübungen unterworfen. Binnen zwei Jahren bestiegen 2000 Opfer der Inquisition den Scheiterhaufen. Ein Großinquisitor führte die Aufsicht über die verschiedenen Untergerichte; er wurde später nicht nur vom Hofe unabhängig, sondern richtete selbst die Glieder der königlichen Familie in Glaubenssachen. – Wer diesen Gerichten einmal verfallen war, wurde in der allgemeinen Meinung, selbst nachdem er freigesprochen, für ehrlos gehalten; eben so konnten auch längst Verstorbene noch angeklagt und verurtheilt werden. Damals zählte man in Spanien über 20,000 Gehilfen der Inquisition und noch 1732 erschien ein königl. Befehl, der es allen Gläubigen zur Pflicht[424] machte, jeden Andersdenkenden anzuzeigen. Wer einmal gefangen saß, durfte mit Niemand verkehren; wer gestand, überlieferte sich dem Feuertode; wer läugnete, wurde durch die Tortur zum Geständniß gezwungen. Mit Tagesanbruch riefen die Glocken zum Auto da Fe, welchem manchmal selbst die Könige beiwohnten. Im Laufe der Zeit und nach dem Siege der Toleranz, dieses versöhnenden Engels der Menschheit, verloren die Glaubensgerichte hier wie in andern Ländern an Einfluß und Macht. Napoleon hob das ganze Institut in Spanien auf; Ferdinand VII. rief es nach seiner Restauration wieder in's Leben. In Folge der großen Reformen von 1833–1835, welche Spaniens bürgerlichen und religiösen Zustand umgestalteten, ward sie abermals vernichtet. – In Portugal war sie schon früher unterdrückt. Papst Pius VII. stellte sie als ein Moralitätsgericht über die Geistlichkeit wieder her, ohne ihr jedoch einen Einfluß auf Nichtkatholiken zuzugestehen.

s.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 423-425.
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