Laroche Jacquelin, Marquise von

[285] Laroche Jacquelin, Marquise von, Marie Luise Victoire, die einzige Tochter des Marquis Donnisson, wurde den 25. October 1772 in Versailles geboren, und erhielt von ihrer Mutter, welche Dame d'atours von Madame Victoire, Tante des Königs, war, eine ausgezeichnete Erziehung. Noch nicht 17 Jahr alt, begleitete sie ihre Mutter auf einer Reise in die Schweiz, und fand bei der Rückkehr das Vaterland von den Flammen der Revolution ergriffen. Die Marquisin Donnisson fand es gerathen, einige Zeit in der Gascogne zu verweilen, um zu sehen, welche Wendung die Angelegenheiten nehmen würden, und darnach ihre Maßregeln zu treffen. Hier sah Marquis Lescure, ein Verwandter, die reizende Marie, warb um ihre Hand und erhielt sie. Gleich nach der Heirath ging das junge Ehepaar nach Paris, wo es bis zu jenem, mit blutigem[285] Griffel auf die Tafel der Geschichte eingezeichneten 10. August 1792 verweilte. Dann folgte Marie ihrem Gemahl nach der Vendée, wo gleichgesinnte Freunde, unter ihnen Laroche Jacquelin, den ihr angebornen Muth für die Sache ihres Königshauses, bis zu einer Höhe steigerten, daß sie selbst thätigen Theil an den Ereignissen nahm. Sie begleitete daher, nachdem sie die ersten weißen Cocarden vertheilt hatte, ihren Gatten zur Armee und theilte mit ihm alle Anstrengungen und Gefahren des Krieges. Eben so liebevolle Gattin als eifrige Royalistin, pflegte sie in dem Schlosse von Boulaye ihren Mann, der an seinen Wunden darnieder lag. Als er nothdürftig genesen folgte sie ihm von Neuem auf seinen kriegerischen Zügen, jede Last freudig übernehmend, wenn es ihr nur gelang, ihm die Bürden seiner unstäten und gefahrvollen Lebensweise zu erleichtern. Sie war zu gleicher Zeit seine hilfreiche Pflegerin, so wie sein Secretair und sein Adjutant. Sie fertigte die Depechen aus und war oft, wenn es an sicheren Boten fehlte, die Ueberbringerin derselben. In der Schlacht von Chollet wurde ihr Gatte von Neuem, und zwar tödtlich verwundet. Schwanger, und in ihren Armen ein Kind von 10 Monaten haltend, begleitete sie ihn zu Pferde, während er auf einer Tragbahre, bewacht von ihrem Auge und unterstützt von ihrer zärtlichsten Fürsorge vom Schauplatz des Krieges entfernt wurde, um in Ruhe sterben zu können. Er gelangte zu diesem Zweck mitten unter den Gräueln, die von einem so plötzlichen Rückzug unzertrennlich sind, nach Fougères, wo er in ihren Armen verschied. Ost der Lebensmittel ermangelnd, und fast der Kleidung entbehrend folgte sie der Armee nach bis zur Loire, hier aber zwang ihr Zustand sie, zu verweilen. Sie kam trotz aller erlittenen Unbequemlichkeiten und Erschütterungen doch (im April 1794) glücklich mit Zwillingstöchtern nieder, und zog sich, weil die Pflege dieser zarten Kinder es verlangte, mit ihrer Mutter nach Dreneuf zurück, wo sie blieb, bis die Amnestie im Jahr 1795 publicirt wurde. Hier erhielt sie einen Paß nach Bordeaux und lebte friedlich auf ihrem[286] Schlosse Citrean, bis die Begebenheiten der Revolution, die den 18. Fructidor bezeichnen, sie aus dieser kurzen Ruhe wieder aufscheuchten. Ueberwiesen, an den früheren Vorgängen thätigen Theil genommen zu haben, flüchtete sie nach Spanien, und kehrte erst nach Frankreich zurück, als Napoleon zum Consul ernannt war. Bald nachher vermählte sie sich zum zweiten Male mit dem Marquis Ludwig Laroche Jacquelin, dem sie 8 Kinder gebar. Den 20. März 1815 verließ sie abermals ihr Vaterland und blieb in Spanien, bis Ludwig XVIII. den Thron wieder eingenommen hatte. Die Nachricht, daß ihr zweiter Gemahl in den Reihen der Vendéer gleichen Tod gefunden, wie der erste, betrübte sie zwar, schlug aber ihre Seele nicht nieder. Sie fand einen Trost darin, in Memoiren, die sie niederschrieb, den beiden braven Kriegern, denen sie angehört hatte, ein Ehrendenkmal zu errichten. Dieß Werk, das mehrere Auflagen erlebt hat und in verschiedene Sprachen übersetzt worden ist, gibt einen umfassenderen Begriff von ihrem Handeln und Wirken, als der beschränkte Raum hier gestattet.

A.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 285-287.
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