Nil

[435] Nil, dieser einzige Fluß Aegyptens, der seine Fluthen durch ein 100 M. langes, üppiges Thal wälzt, welches jedoch nur 3–7 M. breit ist, dieser wohlthätige Strom, ohne welchen Aegypten nicht bestehen könnte, fließt, nachdem er die Wasserfälle bei Syene passirt hat, ruhig nach seiner Ausmündung in's mittelländische Meer, hat, wie alle Ströme der heißen Zone, die Eigenthümlichkeit, daß er regelmäßig steigt und fällt, was von den periodischen Regen herkommt, und bedingt durch seinen hohen oder niedern Stand die gute oder schlechte Ernte dieses Landes. Seine Ueberschwemmungen sind für Aegypten die Quellen des Segens, denn aus dem tiefen Marschlande Sudans, wie aus dem Hochlande Abyssiniens, führt das Wasser des Nils eine unendliche Menge jenes Schlammes mit sich, der aus der Verwesung der üppigen Tropenvegetation und aus den Bränden derselben in Abyssinien entsteht. Vom Juni bis October, wo die jährlichen Ueberschwemmungen eintreten, breitet sich der Nil wie ein Meer über das Land aus. Inseln gleich ragen die mit Ortschaften gekrönten Hügel aus der Fluth hervor, und nur mittelst kleiner Kähne wird der Verkehr unterhalten, aber kaum sind die Wasser verflossen und verdünstet, so ist auch das Land in einen Garten umgeschaffen, und schon in wenigen Tagen grünt die üppige Saat. Bereits im Alterthume war das Nilwasser wegen seiner stärkenden Eigenschaften und seines lieblichen Geschmacks berühmt, und noch heut zu Tage finden es die Türken so angenehm, daß sie sich durch den Genuß von Salz Durst erregen, um nur recht viel davon trinken zu können. Noch sind die Quellen des Nils nicht genau bestimmt; unterhalb Kairo ist er 3090 F. breit, theilt sich in verschiedene Arme und bildet das Delta (s. d.). Die alten Aegypter verehrten diesen Fluß als Landesgottheit, feierten ihm zu Ehren das Fest Niloa, opferten schwarze Stiere, bestreuten sein Wasser mit Lotusblumen und verehrten ihn auch als Flußgott, der auf einer Sphinx ruht und das Nilpferd und Krokodil zu Attributen hat.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 7. [o.O.] 1836, S. 435-436.
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