Spinnen (Insekten)

[357] Spinnen (Insekten), jene kunstreichen Weber, welche aus den lustigen Fäden das Netz winden von wunderbarer Schöne und Feinheit, die von dem Aberglauben früherer Jahrhunderte mit Unrecht verabscheuten Insekten, in deren unscheinbare Gestalt Idmon's unglückliche Tochter, Arachne (s. d.), weilt. Sie bilden mit den Scorpionen und Milben eine Familie, haben auf dem Brustschilde 2–4 Paar Augen, ein Maul mit 2 Freßzangen, 2 gegliederte Fühlspitzen, 8 Füße, welche unter der Brust sitzen und am Hinterleibe meist 4 Spinnwarzen. Ihr Gefühl ist außerordentlich zart, und die Fäden der kleinsten S. sind so sein, daß man 4 Millionen derselben brauchen würde, um einen Faden von der Stärke eines gewöhnlichen Menschenhaares zu machen; ein einziger besteht aus ungefähr 40,000 kleineren. Diese Fäden werden eigentlich von der S. ausgespritzt, weßhalb eine S., welche man zum Fenster hinauswirft, doch vermittelst ihres Fadens am Hause hängen bleibt; auch scheint es, daß sie ihn horizontal in freier Luft herausschießen kann, selbst über ein Wasser hinweg. – In neuerer Zeit will man aus vielen über sie angestellten Beobachtungen gefunden haben, daß sie die bevorstehende Witterung, namentlich eintretende Kälte oder Thauwetter, anzeigen. Die Kunst aus den Bewegungen und Arbeiten der S. auf die Veränderung der Witterung zu schließen, nennt man die Arachnologie oder Araneologie. Die bemerkenswerthesten Arten derselben sind: die Kreuzspinnen, Taranteln (s. d.), die Curassao- oder Orangespinne, [357] welche in der Erde lebt, und die Vogelspinne, die furchtbarste und größte unter allen, welche die Waldungen Surinam's und andere Theile von Südamerika bewohnt. Ihr Hinterleib ist so groß wie ein Taubenei, oft auch noch größer; die Farbe dunkelbraun und der ganze Körper rauchbehaart. Sie hält sich theils in Steinhöhlen, theils in den Löchern der Bäume auf, woselbst sie eirunde Zellen spinnt. Ihre gewöhnliche Nahrung sind die großen, dort einheimischen Ameisen, sowie die schönen Colibris, welche sie des Nachts in ihren Nestern überfällt, durch ihren Biß tödtet und dann aussaugt. Die Kinnladen dieser Vogelspinne faßt man in Amerika zuweilen mit Golde ein und bedient sich derselben als Zahnstocher.

4.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 357-358.
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