Maimonides, Moses ben Maimun

[444] Maimonides, Moses ben Maimun, (Sohn des Richters Maimon, Maimûni), geb. 1135 in Cordova, studierte gründlich den Talmud und arabische Philosophie, ging mit seiner Familie (wegen der Vertreibung der Juden aus Spanien, 1164) nach Fez, dann (1165) nach Ägypten (Fostat), wo er Philosophie lehrte und als Arzt wirkte (Leibarzt Saladins und seines Sohnes). Er starb 1204 in Fostat (AltKahiro).

M. ist der bedeutendste jüdische Philosoph des Mittelalters, wenigstens nach der Wirkung seines (rationalistisch gerichteten) Denkens auf das Judentum. Er steht auf dem Boden des strengen Glaubens, fordert aber vielfach allegorische Deutung der Bibel, damit überall der Vernunftgehalt derselben zur Geltung komme.

In weltlichen Dingen hält M. den Aristoteles für die größte Autorität und stimmt auch meistens in seinen Anschauungen mit ihm überein. Er bekämpft aber die Lehre von der Ewigkeit der Welt und der Materie, welche Gott aus Nichts geschaffen hat. Gott selbst ist unerkennbar, über alle Prädikate erhaben, jedenfalls aber immateriell, geistig, allmächtig und allweise. Die Existenz. Gottes ist durch den ontologischen, kosmologischen und teleologischen Beweis festzustellen. Die Welt ist zweckmäßig eingerichtet, aber nur beim Menschen bezieht sich die göttliche Vorsehung auf Einzelheiten. Die Vorsehung verhindert nicht die psychologisch-ethische Willensfreiheit des Menschen, dessen Seele ein substantielles, immaterielles Formprinzip und unsterblich ist. Es gibt fünf Seelenkräfte, deren höchste die vernünftige ist. Die Tugend besteht im Einhalten der rechten Mitte zwischen zwei Extremen; wie Aristoteles unterscheidet M. ethische und dianoëtische (intellektuelle) Tugenden. Höchstes Gut ist Erkenntnis, insbesondere Erkenntnis Gottes.

SCHRIFTEN: Moreh Nebûchîm (Leitung des Zweifelnden, hebräische Übersetzung – durch Samuel ibn Tibbon – des arabischen Originals »Dalâlat al Hâïrîn«), 1551 u. ö., lateinisch 1520, deutsch 1838, arabisch und französisch, hrsg. von S. Munk (Le guide des égarés), 1856-66. mit Kommentaren, 1875 (Hauptwerk). – Vocabularium logicae, 1550, 1846. – Einleitung zum rabbinischen Traktat »Abôth« (Schemonah feraquîm), deutsch 1832 (Ethik). – Vgl. A. GEIGER, M., 1850. – M. JOËL, Die Religionsphilosophie des Moses ben Maimon. 1860. – M. EISLER, Vorlesungen über die jüdischen Philosophen des Mittelalters II, 1870. – J. MÜNZ, D. Religionsphilos. des M., 1887. – GUTTMANN, Das Verhältnis des Thomas von Aquino zum Judentum, 1891. – NEUMARK, Geschichte der jüdischen Philosophie, 1908 f. – COHEN Charakteristik der Ethik Maimunis, 1908.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 444.
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