Johannes der Evangelist

[493] Johannes der Evangelist, der Lieblingsjünger Jesu, war der Bruder Jakobus des ältern (s. d.), und wird als der Jüngste unter den Aposteln betrachtet. Bekanntlich nahm er nach der Kreuzigung Christi die heil. Jungfrau als Mutter zu sich u. erfüllte gegen sie die Pflichten eines Sohnes. Mit Petrus war er zunächst in Jerusalem thätig (Apg. Kap. 3 und 4), spendete in Samaria das Sacrament der Firmung (Apg. 8, 14–16), kam zwischen 68 bis 70 nach Chr. nach Ephesus und st. 101 daselbst etwa 94jährig. – Feuriger Eifer für die Sache Christi u. eine contemplative Geistesrichtung zeichnen den J. vor allen Aposteln aus und beherrschen seine Schriften. Ueber sein Evangelium, das letzte der 4 Evangelien und die letzte Arbeit des Apostels, s. d. Art. Evangelium Bd. II. S. 636. Hinsichtlich der Briefe, die einen Theil der »katholischen Briefe« bilden, ist der 1. einer Abhandlung ähnlich, ein Aufmunterungsschreiben an mehre Gemeinden, laut L. Hug ein Begleitschreiben des Evangeliums; der 2. ist an eine Frau und deren Söhne gerichtet und schließt sich hinsichtlich des Inhaltes an den 1. an; den 3. schrieb J. an einen gewissen Gajus, der vielleicht Bischof zu Pergamus war, und hielt ihn rein persönlich. Die Apokalypse ist J. früheste Schrift; er verfaßte dieselbe als Verbannter auf Patmos, wohin ihn Domitian bringen ließ. Ihr Zweck ist Belehrung über Jesu Ankunft als eines Richters zwischen den getreuen und abtrünnigen Christen, Tröstung über die Verluste der kämpfenden Kirche durch die Christenverfolgungen. Ermahnung zur Geduld und Ausdauer in Nöthen, womit Tyrannen und Irrlehrer die Gläubigen bedrohen. – Johannissegen, Johanniswein, Wein, der noch jetzt in Gegenden des katholischen Deutschlands am Johannistag gesegnet und zu Ehren des hl. J. d. E.en getrunken wird. Die Sitte gründet sich auf eine uralte Sage: ein Götzendiener Aristodemus reichte dem J. einen Becher vergifteten Weines mit dem Versprechen, sein Jünger werden zu wollen, wenn er den Wein ohne Nachtheil trinke; J. ging auf den Vorschlag ein und blieb wohlbehalten.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 493.
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