Landkarten

[701] Landkarten, nennt man Zeichnungen auf ebener Fläche zur Versinnbildlichung der Oberfläche der Erde od. eines Theiles derselben. Planiglobien od. Universalkarten stellen die ganze Erdoberfläche, General- od. Partikularkarten ganze Erdtheile od. größere Staaten, Spezialkarten einzelne größere Theile eines Staates, u. topographische Karten kleinere Theile der letzteren dar. Außerdem unterscheidet man nach dem speziellen Zweck Reise-, Post-, Eisenbahn-, Kriegs-, hydrographische od. Fluß-, orographische oder Berg-, Produkten- und geologische Karten. Zur Ortsbestimmung auf der Erde denkt man sich diese als von einem Netze sich durchkreuzender Linien überzogen, von denen die einen die Meridiane, als lauter größte Kugelkreise, die andern die Parallelkreise darstellen, welche letztere die erstern rechtwinklig durchschneiden und um so kleiner werden, je näher sie den Polen liegen. Dieses Netz von krummen Linien durch Zeichnung auf der ebenen Fläche des Papiers richtig darzustellen, ist nun die schwierige Hauptaufgabe des Kartenzeichners. Ist dieses richtig entworfen, so ist es dann leicht, die einzelnen Punkte der Erdoberfläche, wenn man deren geographische Lage (nach geographischer Länge und Breite) genau kennt, in das Netz richtig einzutragen. Bei Entwerfung des Netzes auf dem Papier muß der Zeichner berechnen, wie sich jene Kreislinien des Erdnetzes von einem gewissen Standpunkte aus [701] beobachtet auf einer hinter den Linien gedachten Ebene (Projectionsebene) darstellen, was nach den Gesetzen der Perspektive od. der Lehre von der Projection geschieht, und wobei die Stellung des Beobachters u. der Projectionsebene zuvor genau bestimmt sein muß. Die Stellung des Beobachters ist entweder auf irgend einem P unkte der Erdoberfläche u. die Projectionsebene durch den Mittelpunkt der Erde gelegt u. zwar senkrecht auf der geraden Linie vom Beobachter zum Erdmittelpunkt – stereographische Projection; oder der Beobachter denkt sich in sehr weiter Entfernung von der Erde, gegen welche der Durchmesser der Erde als fast verschwindende Größe erscheint – orthographische Projection. – Das Verfertigen von L. ist sehr alt, und schon die Aegypter. Griechen und Römer hatten solche; auch in der Bibel finden sich Hindeutungen auf eine Karte von Palästina. Ptolemäus zeichnete um 70 n. Chr. geometrisch berechnete Karten zu seiner Geographie, und Agathodämon im 5. Jahrh. 26 Karten zu dem nämlichen Werk. Eine röm. L. aus dieser Zeit ist uns noch erhalten in der Peutingerschen Tafel. Einen metallenen Planiglob hatte Roger I. von Sicilien und Karl d. Gr. eine silberne Karte. Fortschritte machte die Kartenzeichnung besonders nach der Entdeckung Amerikas. Die jetzt übliche Weise kam 1594 durch Gemma Frisius auf. Cassini verbesserte die Karten wesentlich, indem er ihnen die mathematische Form gab, und Delisle führte die stereographische Projectionsmethode ein. Seitdem stieg die Genauigkeit und Richtigkeit der L.-zeichnung außerordentlich, besonders seit Ende des 18. Jahrh. Deutsche Kartenzeichner von großem Ruf aus der neuesten Zeit sind namentlich Reichard, Stieler, Kruse, Weiland. Grimm, Berghaus, Sydow, Kiepert.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 701-702.
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