Militärgränze

[186] Militärgränze, der österreich. Landstrich, der sich der türk. Gränze entlang vom adriat. Meere bis Siebenbürgen erstreckt und eine Oberfläche von 583 österr. QM. umfaßt. Die kroatische [186] M. ist von den julischen u. dinarischen Alpen durchzogen (Ogulinerkopf, Kleck 6500', Heiligenberg 5400' hoch), die slavonische u. ungar. od. Banater M. ist eben und wird erst an ihrem Ende an der moldauischen Gränze wieder gebirgig; bewässert wird die M. von der Donau, Drave, Save, Theiß, Bega, Temes, Nera und Czerna. Das Klima ist im Ganzen sehr milde; man baut Mais und Getreide aller Art, Tabak, Flachs, Hanf, Krapp, Saflor, Obst und Wein, treibt einigen Bergbau auf Silber, Kupfer u. Eisen. Die Einwohnerzahl beträgt etwas über 1 Mill. in 12 Städten, 9 Märkten, 1760 Dörfern; sie sind meistens Slaven und zur größeren Hälfte nichtunirte Griechen. Die Industrie ist nicht bedeutend, der Durchfuhrhandel sehr beträchtlich. Für die geistige Bildung sorgen 3 Gymnasien, 7 mathematische Schulen, 1195 Volksschulen, 158 Militärbildungsanstalten. In militärischer u. administrativer Beziehung ist die ganze M. in 2 Landesmilitärcommanden: das kroat.-slavonische mit der Commandantur zu Agram, das banat.-serbische mit der Commandantur zu Temeswar eingetheilt, die beide unter dem Armeeobercommando zu Wien stehen. Es bestehen 14 Gränzregimenter u. das Titeler Gränzbataillon; dieses ist in 6, jedes Regiment in 12 Compagnien eingetheilt. Die ganze männliche Bevölkerung ist vom 20. Jahre an waffenpflichtig; die Behörden sind wirkliche Militärs oder haben militärischen Rang, die Disciplin erstreckt sich aber nur auf den Waffendienst, sonst gelten die allgemeinen Rechtsverhältnisse; die unter dem Namen Militärgränzcommunitäten begriffenen Städte u. Marktflecken haben ihre eigene Gemeindeverfassung. Die Mannschaft hat nicht nur die Verpflichtung zum Dienste an der Gränze, sondern sie rückt auf Befehl des Kaisers auch außer Landes; Kleidung, Bewaffnung und Munition erhält sie vom Staate. Der Grundbesitz ist theils Stammgut (freies Soldatenlehen) und in der Regel unveräußerlich, theils Ueberland, d.h. veräußerliches Eigenthum. – Die M. entstand aus dem Zengger Capitanate des Königs Sigismund, aus den stehenden Besatzungen der kroatischen Festungen, vorzugsweise aber aus Serben, Kroaten und Walachen, die aus der Türkei flüchteten und von Kaiser Ferdinand I. Gränzdistricte eingeräumt erhielten, die sie gegen die Türken zu vertheidigen hatten. Im 16. Jahrh. erweiterte sich die M. durch neue Ankömmlinge und erhielt durch Prinz Eugen die volle Erweiterung und Organisation, 1807 ihr bis 1850 giltiges Grundgesetz. In den Jahren 1848 u. 1849 leisteten die Gränzer der Krone gegen den auswärtigen Feind und die Rebellion ausgezeichnete Dienste, deßwegen wurde die M. 1849 zu einem eigenen Kronlande erklärt u. ihr 1850 ein neues sehr günstiges Grundgesetz verliehen. Die siebenbürg. M. wurde 1851 aufgehoben; in demselben Jahre wurde auch die neue Organisation der Verwaltungsbehörden erlassen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 186-187.
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