Rafael Sanzio

[659] Rafael Sanzio od. Santi, als der größte Maler geltend, geb. 1483 zu Urbino, erhielt seine erste Bildung bei seinem Vater, worauf er dem Unterrichte des berühmten Pietro Perugino in Perugia übergeben wurde. Die Gemälde aus dieser 1. Periode seines Lebens zeigen noch ganz den Styl seines Meisters, z.B. Auferstehung Christi, Krönung Marias (im Vatican), Christus am Kreuz, (in London). 1504 kam R. nach Florenz; sein Aufenthalt daselbst im Umgang mit Gelehrten u. den größten Meistern, darunter Michel Angelo, Leonardo da Vinci, Fra Bartolommeo, bildet die 2. Periode seines Künstlerlebens. Zu seinen Werken aus dieser Zeit gehören unter [659] andern die Madonna im Grünen (in Wien), die heil. Familie unter der Fächerpalme (in London), die Madonna mit dem Stieglitz (in Florenz) und sein eigenes Porträt (in Florenz). Die 3. u. eigentliche Glanzperiode beginnt mit 1508, wo er von Papst Julius II. nach Rom berufen wurde, um ein Zimmer im Vatican mit Fresken zu schmücken. So führte R. später theils allein, theils mit seinen Schülern in den Zimmern des Papstes u. in den Loggien des Vaticans jene Reihe von Fresken aus, welche zu dem Herrlichsten gehören, was die Kunst geschaffen u. den Triumph der Freskomalerei bilden. Ein anderes großartiges Werk aus dieser Zeit sind die 10 Cartons zu den Tapeten im Vatican, die in Flandern gewirkt wurden. Außerdem malte er Fresken in der Kapelle des Agostino Chigi und im Palast Farnese, ferner zahlreiche Staffeleigemälde, und entwarf Plane und Zeichnungen zu großartigen Bauten von Kirchen und Palästen. Zu seinen berühmtesten Staffeleigemälden aus dieser Zeit gehören die Madonna mit dem Fisch, die Kreuztragung (beide in Madrid), die Madonna di Foligno (im Vatican), die Madonna mit 3 Kindern, die Madonna della Sedia (im Palast Pitti), ein heil. Michael (in Paris), eine heil. Familie, die Madonna von St. Sixt (in Dresden):c., endlich zahlreiche Porträts, darunter das berühmte des Papstes Leo X. In Mitte dieser außerordentlichen Thätigkeit wurde er 1520 von einem Fieber befallen, dem er in Bälde unterlag. Das Charakteristische der Werke R.s ist erhabener Ernst mit bezaubernder Anmuth u. Lebensfrische, bei der geistreichsten Composition edle Einfachheit und die wohlthuendste Harmonie. Seine Zeitgenossen sprechen mit Bewunderung von dem Adel, der Liebenswürdigkeit u. Bescheidenheit seines Wesens, die ihn nicht weniger als seine Kunst zum Gegenstand der allgemeinsten Liebe machten.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 659-660.
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