Bojen

[227] Bojen, auf der Wasseroberfläche schwimmende, mit einem leicht in die Augen fallenden Farbeanstrich versehene Körper.

Man benutzt die Bojen überall da, wo es gilt, einen bestimmten Punkt der Wasseroberfläche auf größere Entfernung hin kenntlich zu machen, sei es, um damit Untiefen zu bezeichnen oder ein Fahrwasser zu markieren (schwimmende Seezeichen), sei es, um den Ort eines gesunkenen Gegenstandes behufs Ermöglichung der Auffindung durch Taucher festzulegen. Diese Art Bojen sind ebenso, wie die zum Festmachen der Schiffe (an Stelle des Ankerns dieser) bestimmten, immer verankert, während die als Rettungsapparat (s. Rettungsbojen) dienenden unverankert schwimmen. Soweit die Bojen Seezeichen darstellen, heißen sie im amtlichen Sprachgebrauch »Tonnen«. Als einfachste Böjenform findet man mit Leinen an versenkten Steinen befestigte Holzstücke, zuweilen werden auch leere Holzfässer zu Bojen benutzt. Die besseren kleineren bestehen entweder aus Kork, teils mit, teils ohne Segeltuchbezug (Ankerbojen), oder aus wasserdichten Eisenblechgefäßen. Sie besitzen gewöhnlich die Gestalt eines mit der Grundfläche zusammenstoßenden Konuspaares (Fig. 1) oder auch die eines Tönnchens. Die Korkbojen haben eine Tauwerkbestroppung, die ober- und unterhalb der Wasseroberfläche je ein Auge zum Befestigen des Anker- bezw. eines Einholtaues trägt, während bei den eisernen Bojen an Stelle dessen oben und unten je ein eiserner Ring eingelassen ist. Größere Bojen, die man in den verschiedensten Formen antrifft, sind ausschließlich aus starkem Eisenblech gefertigt und innen mit Versteifungen gegen den äußeren Wasserdruck versehen. Ihre Verankerung geschieht mittels starker Kette an richtigen Schiffsankern oder an sehr großen Steinen (Betonquadern bei Festmacherbojen). Die kleineren Bojen dagegen werden mit Leinen, zuweilen auch mit dünnen Ketten an rechteckigen, mit Handgriff versehenen Eisengewichten festgelegt. Will man einen über Bord gefallenen Gegenstand markieren, so bedient man sich der stets zur Hand befindlichen Rettungsbojen, die an eine Lotleine (mit Bleilot) gefleckt werden. – Bei den Festmacherbojen, die so viel Auftrieb besitzen, daß sie außer dem Gewicht der kurz ausgesteckten Schiffskette einige Menschen bequem tragen können, findet man häufiger, daß die Bojenkette durch den mit entsprechender zylindrischer Röhre versehenen Bojenkörper in der Mitte hindurchgeht und – mittels Bolzen am Ausrauschen nach unten und oben verhindert – gleich zum Aufstecken der Schiffskette dient. Bei Unterscheidung der Bojen nach ihrer Form richtet man sich stets nur nach der über Wasser sichtbaren Gestalt, und zwar zeigen:

a) spitze Tonnen eine Kegelform (Fig. 2) (mit oder ohne Abzeichen);

b) stumpfe Tonnen die Form eines stehenden, im oberen Teil (Fig. 3) wenig verjüngten, abgestumpften Zylinders (mit oder ohne Abzeichen). Stumpfe Tonnen ohne Abzeichen[227] von sehr großem Durchmesser und wesentlich geringerer Höhe (Fig. 4) nennt man auch mitunter platte Tonnen;

c) Faßtonnen die Form eines Fasses oder eines mit der gewölbten Seite nach oben gekehrten (Fig. 5), also liegenden Zylinders (ohne Abzeichen);

d) Kugeltonnen eine halbkugelförmige Gestalt (Fig. 6) (mit Abzeichen);

e) Spierentonnen die Form einer Spiere (mit Abzeichen), (Fig. 7). Spierentonnen, die eine meist durch den Bojenkörper gefleckte, unten mit der Ankerleine (Bojereep) verbundene hölzerne Stange' (mit Abzeichen) an einem nur wenig aus dem Wasser ragenden Tonnenkessel (Fig. 8) tragen, nennt man auch Treibbaken (s. Baken);

f) Bakentonnen einen hakenförmigen Aufbau (Fig. 9) auf der eigentlichen Boje (mit Abzeichen), s. Baken. Zu dieser Kategorie rechnen auch die Gas-, Heul- und Glockenbojen (s. unten).

Die erwähnten Abzeichen, auch Topzeichen (s.d.) genannt, spielen ebenso wie der Farbeanstrich eine große Rolle, um nicht nur die Bojen unter sich, sondern auch diejenigen einer Seite des Fahrwassers vor denen der andern kenntlich zu machen; anderseits hängt auch die Bojenform direkt von dem Verwendungszweck ab. Nach diesem unterscheidet man: Rettungsbojen, Ankerbojen, Wrackbojen, Quarantänebojen, Telegraphenbojen, Festmacherbojen (Mooringbojen) und Fahrwassertonnen. Näheres über Rettungsbojen s.d. Zu Ankerbojen werden kleine rote (Backbordanker) und grüne (Steuerbordanker) Korkbojen benutzt; zu Wrackbojen grüne stumpfe oder spitze bezw. Faßtonnen mit der weißen Aufschrift »Wrack«; zu Quarantänebojen gelbe, stumpfe, spitze oder Faßtonnen; zu Telegraphenbojen grüne Kugelbojen mit der weißen Aufschrift »Telegraph« oder einfach »T«. Diese Art Bojen dienen sämtlich zur Kennzeichnung der Lage des Ankers, eines Wracks, einer Quarantänestation (abgegrenzter Liegeplatz) bezw. eines Telegraphenkabels (um das Beschädigen desselben durch Ankern zu vermeiden). Zu Festmacherbojen verwendet man rote, stumpfe, d.h. platte oder Faßtonnen, während zu den Fahrwassertonnen und den schwimmenden Seezeichen überhaupt alle Tonnenformen in den Farben Schwarz, Rot, Weiß, Schwarzrot und Schwarzweiß herangezogen werden. Zur Bezeichnung des Fahrwassers werden auf der bei der Einfahrt in einen Hafen rechten, der Steuerbordseite »Spierentonnen« bei mehreren nebeneinander liegenden Fahrwassern ausnahmsweise auch »stumpfe Tonnen«, an der linken, der Backbordseite, dagegen nur »spitze Tonnen« und zur Kenntlichmachung der Mitte des Fahrwassers »Kugeltonnen« verwendet. Um ein abzweigendes Fahrwasser, in diesem liegende einzelne Risse bezw. die Spitzen der in dasselbe vortretenden Untiefen zu bezeichnen, benützt man Baken oder Bakentonnen. Die an der Steuerbordseite eines Fahrwassers liegenden Tonnen sind immer rot, die an der Backbordseite befindlichen dagegen schwarz gemalt, während Fahrwasserseezeichen, die an beiden Seiten passiert werden können, wie Mittefahrwassertonnen, und die zur Bezeichnung einzelner Risse sowie der Enden von Mittelgründen dienenden Bakentonnen einen schwarz und rot gestreiften Anstrich haben. Alle außerhalb des Fahrwassers, d.h. in See liegenden Bakentonnen sind weiß gemalt; wenn die bezeichnete Untiefe eine Annäherung von allen Seiten auf geringe Entfernung zuläßt, also sehr klein ist, trägt die betreffende Boje einen schwarz und weiß gestreiften Anstrich. Der Name der jedesmaligen Untiefe ist ganz oder abgekürzt auf der Boje zu lesen [1]. Bei andern Nationen sind im allgemeinen dieselben Farbeanstriche bei Bojen üblich, doch findet man auch, ebenso wie bei temporär ausgelegten Bojen (unsern Minenbojen) andre Farben und Farbenzusammenstellungen [2]. Natürlich sind die Bojen hauptsächlich Tagesmarken, da man sie in dunklerer Nacht, wenn man sie nicht mit dem Scheinwerfer sucht, nicht sehen kann. Man hat jedoch, um besonders wichtige, die Ansegelung eines Hafens erleichternde Bojen auch bei Nacht erkennen zu können, Gasbojen hergestellt. Dieselben enthalten im Innern ein Quantum Fettgas, das für ein ca. viertel- bis halbjähriges,[228] ununterbrochenes Brennen bei Tag und Nacht ausreicht. Die eigentliche Laterne ruht auf einem hakenartigen Aufbau und ist aus so starkem Glase hergestellt, daß sie auch Brechern von Wellen standhält (Fig. 10) [3]. Am meisten benutzt sind die von Julius Pintsch, Berlin, konstruierten Gasbojen. (Die Einfahrt in den Suezkanal ist mit einer doppelten Reihe von Gasbojen versehen, die rotes und grünes Licht zeigen.) Um auch eventuellem Nebel Rechnung zu tragen, benutzt man an wichtigen Hafeneingängen Bojen, die ein akustisches Signal abgeben, Heul- und Glockenbojen, erstere an der Steuerbord-, letztere an der Backbordseite. Die den heulenden, weithin hörbaren Ton von sich gebende Pfeife befindet sich an der Spitze eines sehr hohen, massigen Bojenkörpers, die Glocke hängt in einem hakenartigen Aufbau desselben und wird letztere mittels mehrerer pendelnd aufgehängten Klöpfel beim Hin- und Herschwanken der Boje angeschlagen, die Pfeife dagegen beim Heben und Senken der Boje durch den bei letzterem entstehenden Luftdruck von unten angeblasen (s. Seezeichen).


Literatur: [1] Grundsätze eines einheitlichen Systems zur Bezeichnung der Fahrwasser und Untiefen in den deutschen Küstengewässern, Anlage zur bezüglichen Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 31. Juli 1887 (Nachrichten für Seefahrer). – [2] Beaconage and buoyage of different nations, with two Charts, S.A. Philipsen, Kopenhagen 1871. – [3] Pintsch, J., Berlin, Seewegmarkierung, 1890.

von Niessen.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
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Fig. 3.
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Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 7.
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Fig. 8.
Fig. 8.
Fig. 9.
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Fig. 10.
Fig. 10.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 2 Stuttgart, Leipzig 1905., S. 227-229.
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Faksimiles:
227 | 228 | 229
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