Krummlinige Bewegung

[725] Krummlinige Bewegung eines Punktes ist jede, deren Geschwindigkeit v ihre Richtung fortwährend ändert.

Die Aenderung der Geschwindigkeit wird durch die Beschleunigung φ ausgedrückt. Die Richtung der Geschwindigkeit v und jene der Beschleunigung φ bestimmen zusammen die Schmiegungsebene der Bahnkurve. Zerlegt man die Beschleunigung in eine Tangentialkomponente φt = dv/dt in Richtung der Geschwindigkeit und in eine Normalkomponente φn = v2 : ρ (ρ = Krümmungsradius) senkrecht zur Geschwindigkeit in der Schmiegungsebene gelegen, so drückt erstere (φt) die Veränderung der Größe der Geschwindigkeit, letztere (φn) die der Richtung derselben aus.

Eine wichtige Aufgabe der Mechanik betrifft die Aufsuchung der Bewegung eines Punktes, wenn das Gesetz der Beschleunigung bekannt ist. Analytisch formuliert wird sie in den drei Differentialgleichungen zweiter Ordnung: dx2/dt2 = φx, dy2/dt2 = φy, dz2/dt2 = φz, deren Integration drei endliche Gleichungen zwischen x, y, z und der Zeit t, die sechs Konstanten enthalten, liefert. Die sechs Konstanten lassen sich aus Anfangslage und Anfangsgeschwindigkeit des bewegten Punktes zur Zeit t0 bestimmen. Zur Integration der Differentialgleichungen dienen die »Prinzipe« der Flächen und der lebendigen Kraft. Vgl. Differentialgleichungen der Bewegung und Prinzip.

Als Beispiele für die krummlinige Bewegung eines Punktes führen wir an: die parabolische Bewegung (s.d. Art. hierüber), die Zentralbewegung (s.d.) und insbesondere die Zentralbewegung, welcher das Newtonsche Gesetz zugrunde liegt.

Ist die Bewegung des Punktes nicht frei, sondern derselbe genötigt, auf einer vorgeschriebenen Bahn oder vorgeschriebenen Fläche zu bleiben, so treten zu den drei Bewegungsgleichungen noch die Gleichungen der Bahn oder der Fläche hinzu, auf welcher der Punkt zu bleiben genötigt ist, sowie die Bedingung, welche ausdrückt, daß der Widerstand der Bahn oder Fläche normal ist. Beispiele für die gezwungene Bewegung sind: die Bewegung eines schweren Punktes auf einem vertikalen Kreise oder auf einer Kugelfläche oder die Pendelbewegung mit ihren verschiedenen Abänderungen (s. Pendel).

(Schell) Finsterwalder.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 725.
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