Schafställe

[591] Schafställe. Die gleichzeitige Gewinnung von Wolle und Fleisch von Schafen läßt sich durch dieselbe Herde nicht vollkommen erreichen. Feine Wollschafe sind schwach von Figur und wenig mastungsfähig, und die großen Fleischschafe haben nur grobe geringwertige Wolle. Die Stallungen sind also je nach dem Zweck der Schafhaltung verschieden einzurichten. In der Grundrißanlage besteht der Schafstall aus einem Rechteck oder Quadrat mit einer Zwischenunterstützung für Dach und Speicherraum und passend angeordneten Durchfahrten für die Ausfuhr des Düngers.

Raumbedarf. Es erfordert bei den Wollschafen der verschiedenen kleinen Merinorassen: ein Schaf im Durchschnitt der ganzen Herde 0,6–0,7 qm; ein Jährling 0,5–0,6 qm; ein Hammel 0,6–0,7 qm; ein Mutterschaf mit Lamm 0,7–0,8 qm; ein Bock in besonderem Verschlag 1,0 bis 1,5 qm. Große Fleischrassen brauchen 0,9–1,2 qm Grundfläche für das Schaf. – Stallhöhe in kleineren Schafställen 3,1 m, in Ställen von mehr als 500 Schafen bis zu 4,0 m.

Stallwärme vor der Schur 12° C., nach der Schur, falls diese ausnahmsweise in den Winter verlegt werden sollte, 20° C, in der Mast ohne Wolle 14° C. Die großen Fleischrassen werden bedeutend kälter gehalten und können sogar mäßige Winterkälte im Freien ertragen.

Die Bauart der Stallungen für Fleischschafe ist ganz leicht. Es genügt bereits ein schuppenartiger Bau, der nur an drei Seiten von Wänden umschlossen ist und an der Südseite offen bleibt. Empfindlichere Wollschafe und Fleischschafe bringt man gern während der Lammzeit in massiv gebaute Stallungen mit Holzbalkendecke, seltener gewölbter Decke, weil Schafherden weniger feuchte Dünste ausatmen als andres Vieh. Die Wände sollen so hoch als die Schafe reichen, d.h. 60–70 cm über der höchsten Dunglage, glatt geputzt werden, am besten mit geglättetem Zementputz, um den Stapel edler Vliese zu schonen. Fenster erhalten in Ställen für Wollschafe ein Fünfzehntel der Grundfläche zur Lichtfläche, außerdem ein tiefer herabreichendes Fenster zum Abschätzen der Wolle. Tore zum Ausfahren des Düngers, zweckmäßig an beiden Giebeln gelegen, macht man 3,1 m breit, 2,9–3,1 m hoch, gewöhnliche Eingangstüren, 1 m breit, 2 m hoch, liegen an der Hoffront. Die Feldseite bleibt geschlossen.[591]

Fußböden liegen meist in gleicher Höhe mit dem Gelände oder noch ein wenig tiefer; sie werden wagerecht angeordnet und meist bis auf die gepflasterten Ausfahrtrampen nicht befestigt, weil Schafe fasse immer auf Dauerstreu stehen. Ueber einer undurchlassenden Letteschicht wird eine Lage Sand oder Moorboden ausgebreitet und jedesmal mit dem Dünger abgefahren und erneuert. Wegen der Einfachheit und Zweckmäßigkeit dieser Anordnung gehören gesperrte Lattenfußböden, wie sie in Rindviehställen vorkommen, in Schafställen zu den großen Seltenheiten. Man würde die Latten 7,5/4 cm stark machen und mit 2,5–3 cm Zwischenraum verlegen. Die Pfosten zum Tragen der Decken sollen glatt und ohne scharfe Ecken sein, um die Vliese nicht zu beschädigen. Solche aus Holz müssen einen etwas über die höchste Dunglage reichenden massiven Sockel erhalten. Ihre Stellung entspricht vorteilhaft der Raufenstellung. Werden auf eine Gebäudeachse zwei Raufen gestellt, so ergibt sich nach Fig. 1 [1] eine Entfernung der Säulen von 5,2 m. In den Musterentwürfen für preußische Domänenbauten ist die Längsteilung der Raufen angenommen. Hier beträgt die Stützenentfernung nach der Tiefe 5,2 m.

Fütterungseinrichtungen bestehen hauptsächlich aus Raufen in Verbindung mit Krippen, die lose in den Stall gestellt werden. Sie dienen nur zur Trockenfütterung. Wasserbehälter werden vereinzelt aufgestellt. Fig. 2 [1] ist eine gebräuchliche Rautenform im Durchschnitt. Zwei Leiterraufen sind unter spitzem Winkel gegeneinander geneigt, darunter befindet sich eine flache Doppelkrippe. Die Maße sind folgende: Höhe der Krippe über Fußboden 45–50 cm, Raufenbreite 40 cm, Sprossenweite 10 cm, Krippentiefe 10–15 cm, Raufenlänge für einen Jährling 0,3 m, für ein ausgewachsenes Schaf 0,4 m, für große gehörnte Rassen 0,5 m, für ein 1–4 Monate altes Lamm 0,16–0,20 m. Regel ist, die Raufen möglichst steil zu stellen, damit die Vliese beim Fressen durch herabfallenden Staub nicht beschmutzt oder »eingefuttert« werden. Neben diesen Langraufen kommen Rundraufen vor, die in runder oder achteckiger Grundform um die Säulen gebaut werden und den Vorteil haben, daß die Schafe sich beim Fressen weniger drängen. Nachteil ist die Unbeweglichkeit und die Schwierigkeit des Hebens bei wachsender Düngerschicht. Sie erhalten etwa 2,2 m Durchmesser.

Abteilungen in den Ställen werden durch leichte bewegliche Lattwände, die Hürden, Horden oder Flaaken, hergestellt, um verschiedene Abteilungen der Herde, Mutterschafe, Jährlinge, Hammel u.s.w. voneinander zu trennen. Die Hürden werden aus wagerechten, 2,5/8 cm starken gehobelten Latten mit senkrechten Endpfosten und Strebeleisten zu 2,5–3,0 m langen, 85–90 cm hohen Tafeln verbunden und an Pfählen, die man in den Stallfußboden einrammt, befestigt. Sie können vom Schäfer leicht überfliegen werden. Verschläge, Lager oder Kauen der Böcke werden als feste Bretterverschläge, 1,3 m hoch, mit besonderen Krippen und Raufen in Größe von 1,2–1,4 m ins Geviert hergerichtet. Zur Futterbereitung dient die Futtertenne, eine in Höhe der höchsten Düngerlage angelegte Plattform mit Fußboden von Zementbeton; sie liegt, mit Hürden eingefaßt, gewöhnlich im Stall selbst und erhält etwa ein Zwölftel der Stallgrundfläche. Auf ihr werden die Rüben oder Kartoffeln gewaschen, zerkleinert und mit Häcksel gemischt.

Der Heuboden, gewöhnlich über dem Stall liegend, erfordert für jedes Schaf 1,3 bis 1,5 cbm Raum. Er darf mit dem Stall und der Futtertenne nicht unmittelbar, sondern nur durch einen über Dach entlüfteten Futterschlot verbunden sein. Man hat die Schafställe auch ohne Heuboden mit danebengestellter Heuscheune erbaut. Damit werden die Kosten vermindert und mancherlei wirtschaftliche Vorteile erreicht. Die hierbei gebräuchlichen Pappedächer bedürfen zum besseren Wärmeschutz einer Stakung zwischen den Sparren. Auf den Bauernhöfen Ostfrieslands kommen solche Ställe mit niedrigen massiven Wänden unter steilem Rohrdach vor.


Literatur: [1] Tiedemann, L. v., Das landwirtschaftliche Bauwesen, Handbuch, 3. Aufl., Halle a. S. 1898. – [2] Engel, Fr., Handbuch des landwirtschaftlichen Bauwesens, 8. Aufl., Berlin 1895. – [3] Wanderley, Die ländlichen Wirtschaftsgebäude, Karlsruhe 1887. – [4] Rueff, A. v., Bau und Einrichtungen der Stallungen und Aufenthaltsorte unsrer nutzbaren Haustiere, Stuttgart 1875. – [5] Wagner, Neuere landwirtschaftl. Bauten in Mecklenburg, Deutsche Bauztg. 1896. – [6] Gehrlicher, Jähn und Klasen, Die Stallgebäude, Leipzig 1880.

(† v. Tiedemann) Weinbrenner.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 591-592.
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