Signalwesen [1]

[114] Signalwesen der Eisenbahnen umfaßt im allgemeinen alle diejenigen Einrichtungen, durch welche die für den Zugverkehr einschließlich des Rangierdienstes[114] notwendigen Mitteilungen zwischen den diesen Verkehr abwickelnden Dienststellen oder Beamten übermittelt werden.

Die die Einrichtungen des ganzen Signalwesens bedingenden Grundsätze sind für die deutschen Eisenbahnen in den gesetzlichen Bestimmungen der Eisenbahnbau- und Betriebsordnung [1], der Eisenbahnsignalordnung [2] und den von den Mitgliedern mit teilweise bindender Kraft aufgestellten Technischen Vereinbarungen des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen [3] niedergelegt. Als oberste, teils mittelbar, teils unmittelbar das Signalwesen bedingende Grundsätze sind die folgenden hervorzuheben:

1. Die Zugfolgestellen der Hauptbahnen, auf Nebenbahnen derjenigen Strecken, die mit mehr als 40 km Geschwindigkeit befahren werden, sind durch Telegraph, der übrigen Strecken durch Telegraph oder Fernsprecher zu verbinden ([1], § 19).

2. Die Hauptbahnen, auf Nebenbahnen die Strecken, die mit mehr als 40 km Geschwindigkeit befahren werden, sind mit Läutewerken zu versehen ([1], § 19).

3. Auf Hauptbahnen mit besonders dichter Zugfolge muß das Signal für die Einfahrt in einen Streckenabschnitt unter Verschluß der nächsten Zugfolgestelle liegen (Streckenblockung) ([1], § 22).

4. Die Bahnhöfe der Hauptbahnen sowie die Kreuzungsstationen auf Nebenbahnen mit mehr als 40 km Fahrgeschwindigkeit sind mit Einfahrtsignalen zu versehen. Auf Hauptbahnen sind Bahnhöfe mit Ausweichgleisen mit Ausfahrtsignalen zu versehen ([1], § 21).

5. Auf Hauptbahnen und Nebenbahnen mit mehr als 15 km Fahrgeschwindigkeit darf kein Zug von einer Zugfolgestelle abgelaufen werden, bevor der vorausgegangene durch die nächste derartige Stelle gedeckt ist (Blocksystem) ([1], § 65).

Neben diesen Hauptgrundsätzen bestehen noch eine Reihe von Einzelbestimmungen zur Sicherung spitz befahrener Weichen, beweglicher Brücken u.s.w. Im übrigen gibt die Signalordnung [2] noch eingehende Bestimmungen über die Art und Weise, in der die notwendigen Signale zu geben sind. Die Signale, die nach diesen Bestimmungen auf deutschen Bahnen angewendet werden, lassen sich im wesentlichen wie folgt einteilen: 1. Bahnzustandssignale, einschließlich der Blocksignale (s.d.); 2. durchlaufende Liniensignale (s. Liniensignale, durchlaufende); 3. Zugsignale, umfassend: Signale am Zuge und Signale des Zugpersonals (s. Signale im Eisenbahnwesen); 4. Rangiersignale (s.d.). Hierzu kommen noch eine Anzahl von Einrichtungen, die namentlich auf Nebeneisenbahnen Verwendung finden und dazu bestimmt sind, das Publikum auf die ihm aus dem Bahnverkehr entstehenden Gefahren aufmerksam zu machen, z.B. Dampfläutewerke der Lokomotiven, Wegübergangssignale u.s.w. Nach der Art und Weise, in der die Signalbegriffe der Wahrnehmung der Beteiligten übermittelt werden, unterscheidet man optische oder Sichtsignale von den akustischen oder Hörsignalen. Zu den ersteren gehören die Scheiben- und Handsignale, die Signale am Signalmast, die Weichensignale, zu den letzteren die Signale der Läutewerke, Signale mit Hörnern, Mundpfeifen, Dampfpfeifen der Lokomotiven, Knallkapseln u.s.w. Ein wesentlicher Unterschied ergibt sich hiernach für diese beiden Arten von Signalen dadurch, daß die Hörsignale für Tag und Nacht dieselben sein können, während die Sichtsignale im allgemeinen für Tag- und Nachtsignale verschieden sein müssen, indem für letztere immer Laternenlicht notwendig ist, dessen verschiedene Färbung den Signalbegriff am sichersten ausdrückt. Die Technischen Vereinbarungen [3], § 189 empfehlen in dieser Hinsicht nur, bei Weichensignalen Formsignale anzuwenden, welche die Signalbilder bei Tag und Nacht gleich zeigen, im übrigen bei feststehenden Signalen den Signalbegriff bei Tage nur durch die Form und nicht durch die Farbe auszudrücken, eine Empfehlung, der freilich schon durch die Signalordnung [2] nicht im vollen Umfange entsprochen ist. Dagegen dürfen bei Sichtsignalen für die Züge in der Dunkelheit nur die Farben Weiß, Grün und Rot verwendet werden, und zwar muß ausdrücken: RotHalt.


Literatur: [1] Eisenbahnbau- und Betriebsordnung (BO.) vom 1. Mai 1905 mit Aenderungen vom 1. August 1907. – [2] Eisenbahnsignalordnung (SO.) vom 1. August 1907. – [3] Technische Vereinbarungen über den Bau und die Betriebseinrichtungen der Haupt- und Nebeneisenbahnen vom 1. Januar 1897 mit Nachträgen.

Köchy.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 114-115.
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