Teigwaren [2]

[610] Teigwaren. Produkte aus kleberreichen Mehlsorten (Weizengries, Dunst, Weizenmehl) mit Eigelb- oder Wasserzusatz erhalten durch Kneten, Walzen und nachfolgendes Schneiden oder Pressen ihre Form und werden darnach Band- oder Fadennudeln, Suppeneinlagen (wie Sterne, Figuren, Buchstaben), Makkaroni u.s.w. benannt.

Das Mischen oder Kneten des zuvor geliebten Mehles mit Wasser, Eigelb und eventuellen Farbzusätzen erfolgt in Knet- oder Mischmaschinen (z.B. von Werner & Pfleiderer, Cannstatt). Der Wasserzusatz richtet sich nach Art und Feuchtigkeit der Mehlsorten und nach den zu erzeugenden Warengattungen und beträgt zwischen 22 und 28%. Der Eierzusatz ist lediglich Qualitäts- bezw. Preisfrage; man fabriziert Qualitäten ganz ohne Eier (z.B. erhalten Makkaroni nur in seltenen Fällen Eierzusatz) und Eierware mit 50–300 Eiern pro 50 kg Mehl oder Gries. Viele Sorten von Teigwaren, insbesondere die billigeren Qualitäten, werden je nach Eierzusatz mehr oder weniger stark gefärbt, z.B. mit Safranauszug, giftfreier Anilinfarbe oder dergleichen. In den letzten Jahren ist als Ersatz für das Hühnerei auch Trockeneigelb oder flüssiges, konserviertes Eigelb verwendet worden.

Der gemischte oder geknetete Teig wird auf der Teigwalze oder auf dem Kollergang weiterbehandelt. Bei der Teigwalze läßt man ihn unter gleichzeitigem Engerstellen der Walzen so lange hin und her laufen, bis ein völlig glatter, zäher Teigkuchen entstanden ist, den man, falls gepreßte Ware fabriziert wird, zu sogenannten »Patronen« zusammenwickelt, deren Durchmesser dem des Preßzylinders entspricht. Für die Nudelschneidmaschine werden die Teigkuchen noch dünner, also auf die richtige Nudelstärke ausgewalzt und dann auf den Schneidmaschinen geschnitten. Beim Kollergang bewegt sich entweder der Läufer in der feststehenden Schale oder die Schale rotiert und der Läufer dreht sich auf der Stelle um seine eigene Achse. Letztere Anordnung ist gegenwärtig die bevorzugte und auch weniger gefährliche. Der vom Kollergang in Kuchen geformte Teig wird auf den Teigwalzen für kleinere Pressen zu »Patronen« zusammengerollt, bei größeren Pressen aber direkt in Stücken in die Ladezylinder dieser Pressen gegeben und von hier aus in die Teigzylinder der Pressen gehoben und durchgepreßt. Die Arbeit der Pressen beruht darauf, daß man in einen Zylinder, der unten durch eine Form mit Lochungen in der Art der herzustellenden Teigwaren abgeschlossen wird, Teig einfüllt und diesen mittels eines niedergehenden Kolbens durch die Löcher der Form drückt. Der Niedergang des Kolbens wird entweder durch den Druck einer Spindel oder durch hydraulischen Druck bewirkt (Spindel- oder hydraulische Pressen). Die Preßzylinder der Spindel- oder der hydraulischen Pressen besitzen geeignete Vorrichtungen für Dampf-, Heißwasser- oder Gasheizung, um den Teig zwecks leichteren Durchtritts anwärmen zu können. Sollen sogenannte »Schnittwaren« (Sternchen, Figuren, Buchstaben) hergestellt werden, so wird am unteren Zylinderteil ein Abschneideapparat angeschraubt.

Neuerdings sind Bestrebungen im Gange, um auch die Verarbeitung der Teigwaren möglichst automatisch unter größtmöglicher Ausschaltung von Arbeitskräften zu gestalten und ist dies durch die Erfindung der sogenannten Kollerwalze (Werner & Pfleiderer, Cannstatt) sehr gut gelungen. Diese Maschine ersetzt den Kollergang und die Teigwalzwerke und erzeugt bei einmaligem Durchgang des lose angemischten Teiges durch die Maschine selbsttätig ein für die Schneidmaschine oder Presse fertiges Teigband.

Der Trockenraum ist einer der wichtigsten Teile der Einrichtung einer Teigwarenfabrik, da vom Trockenprozeß nicht nur das Aussehen der Ware sondern auch deren Geschmack abhängt. Die Teigwaren werden in dünner Schicht auf mit grobem Gazestoff bespannte Horden aufgelegt. Man rechnet pro 100 kg Ware ca. 20 qm Bodenfläche bei 2,5–2,8 m Raumhöhe. In Fabriken, wo vorwiegend Makkaroni hergestellt werden, sind größere Räume erforderlich, weil die Makkaroni viel längere Zeit zum Trocknen brauchen. Um das Verziehen der Makkaroni beim Trocknen zu vermeiden, werden sie mit Pappe bedeckt und auch die Horden erhalten eine derartige Unterlage. – Nudeln verschiedener Art bedingen eine Wärme von 30–40° C und[610] 1–2 Tage Trockendauer, sehr seine Nudeln bedingen weniger Wärme und trocknen rascher. Bei Makkaroni darf die Temperatur nicht über 30° C steigen und benötigen diese eine Trockenzeit von ca. 3–4 Tagen. Zu rasche Trocknung gibt krumme und brüchige, zu langsame Trocknung im Innern schimmlige Röhren. Am rationellsten ist die Warmluftheizung und die Dampfheizung, sehr verbreitet ist auch eine Kombination dieser beiden Systeme. Guter Abzug der schlechten und mit Feuchtigkeit gesättigten Luft durch Ventilationsschächte sowie Zuführung frischer Luft durch Ventilatoren ist dabei Grundbedingung.

Die große Steigerung in der Leistungsfähigkeit der Fabriken und in der Verbilligung der Unkosten für die Trocknung hat schon seit vielen Jahren Anlaß gegeben, zweckmäßige und brauchbare Schnelltrockenapparate zu konstruieren und kann diese Frage auch bereits als gelöst betrachtet werden. Es werden von den führenden Spezialfirmen Trockenapparate und Trockenkanalanlagen seit Jahren auf den Markt gebracht, die in jeder Hinsicht den an sie gestellten Anforderungen genügen. Das Wesentliche bei diesen Apparaten ist stets eine große Luftbewegung bezw. Luftumwälzung unter reichlicher Verwendung von normaler oder erwärmter Frischluft und teilweiser Wiederverwendung der Abluft (sogenanntes Umluftverfahren), welch letzteres besonders bei empfindlichen Teigwaren, als Makkaroni und Hörnchen, verwendet wird. Die Trockenluft wird über die auf Horden in dünner Schicht aufgestreuten oder aufgelegten Teigwaren hinweggeführt (sogenannte Horizontaltrocknung) oder aber durch die in Hordenkästen ca. 5–9 cm hoch aufgeschichteten Teigwaren vertikal hindurchgepreßt (sogenanntes Vertikaltrockenverfahren). Diese Apparate brauchen nur einen Bruchteil der früher benötigten Wärme, jedoch entsprechende Betriebskraft zur Bewegung der Ventilatoren.

Spezialmaschinen für die Teigwarenfabrikation liefern Werner & Pfleiderer, Stuttgart-Cannstatt (diese Firma besonders auch die bewährten »Igetrotrockenapparate«), Metzger & Co., Bad Homburg v. d. Höhe, Gebr. Bühler, Uzwil (Schweiz).

O. Schlenker.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 610-611.
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