Umladebühnen [2]

[819] Umladebühnen, Umladehallen mit mechanischer Lastbewegung.

In die Umladehallen auf Bahnhof Bebra ist, um die weiten Karrwege zu beseitigen, 1911 eine von Unruh & Liebig, Leipzig-Plagwitz, hergestellte, elektrisch betriebene Förderbahn eingebaut und in Betrieb genommen worden. Die Umladeanlage in Bebra besteht aus drei Hallen und zwei schmalen Zwischenstegen, deren Kanten demnach von sechs Gleisen bestrichen werden. Eine in sich zurückkehrende zusammenhängende Wagenkette ist in die je 230 m langen Ladebühnen der Hallen II und III so eingelassen, daß die durch die Wagenoberflächen gebildete bewegliche Plattform in Fußbodenhöhe läuft und als Förderband erscheint, während der Zusammenhang zwischen den beiden in die Ladebühnen eingelassenen geraden Strecken dieses Förderbandes durch halbkreisförmige Umläufe an den Enden bewirkt wird. Das im übrigen auf festem Unterbau gelagerte zweischienige Gleis der Förderbahn muß in den halbkreisförmigen Umläufen, weil diese über zwei Bahngleise hinweggehen, sich beseitigen lassen und ruht deshalb auf je einer als Drehtor gebauten eisernen Gitterbrücke. Jeder Torflügel läuft mittels zweier Rollen auf zwei kreisförmig konzentrisch gebogenen Schienen. Die Wagenkette besteht aus einachsigen Drehgestellen, die je durch eine Deichsel mittels zweier wagerechter Rollen an einer dritten, mittleren Schiene gesteuert werden und die durch je eine aus ⊏-Eisen und Riffelblech gebildete, an beiden Enden gelenkig aufgelagerte Platte von 1,0 m Breite und von Achse zu Achse 1,5 m Länge verbunden sind. Drei Wagen der Kette sind als Triebwagen ausgebildet und unterbrechen daher durch ihren höheren Aufbau das Förderband. Bevor die Endtore ausgeschwenkt werden, muß die Wagenkette an den entsprechenden vier Stellen entkuppelt werden. Hierfür sind in der Wagenkette an acht Stellen leicht lösbare Schraubenkupplungen vorgesehen. Die Wagenkette muß also derart zum Stehen gebracht werden, daß vier Lösungsstellen sich an den Oeffnungsstellen der Bahn befinden. Damit die Tore nicht gelegentlich entzweigefahren werden, ist die Eingangsweiche der Zufuhrgleise mit den Drehtoren in Schlüsselabhängigkeit gebracht. Die Bahn wird mit Gleichstrom von 220 Volt betrieben. Bei 3 km Geschwindigkeit des Förderbandes werden je nach der Belastung 45–55 Ampère verbraucht. Die umzuladenden Güter werden, mit Kreide beschrieben, nebst den Frachtbriefen von den Arbeitern mittels Stechkarre, besonders schwere samt der Stechkarre, auf das Förderband gebracht und nach den Kreideaufschriften von anderen dazu bestellten Arbeitern an den Stellen, wo sie wieder verladen werden sollen, wieder heruntergeholt. Nur bei ganz schweren Stücken[819] wird die Bahn mittels eines der an mehreren Stellen vorhandenen Ausschalter für einen Augenblick stillgestellt. Die Anlage hat sich im allgemeinen gut bewährt. Es sind bis 750 t an einem Tage ohne Rest bearbeitet worden. Für Neuanlagen wird größere Breite des Förderbandes (etwa 1,3 m) und demgemäß auch der Ladebühnen (etwa 11–12 m) sowie größere Länge der Anlage (300–400 m) empfohlen [1].

Für den gleichen Zweck hat man in Amerika in Güterschuppen, so in St. Louis [2], [3], Hängebahnen verwendet, die von Schürmann [4], [5] allgemein statt der Bebraer Anlage für Umladebühnen empfohlen werden. Dagegen Klewitz [6].


Literatur: [1] Organ f. d. Fortschr. d. Eisenbahnwesens 1912, S. 188; Ztg. d. V.D. Eisenb.-Verw. 1912, S. 733. – [2] Railw. Age Gaz. 1911, S. 1647. – [3] Organ f. d. Fortschr. d. Eisenbahnwesens 1912, S. 14. – [4] Verkehrst. Woche 1911, 2. Dezember. – [5] Ztg. d. V.D. Eisenb.-Verw. 1912, S. 925; 1913, S. 65, 654. – [6] Ztg. d. V.D. Eisenb.-Verw. 1913, S. 461.

Cauer.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 819-820.
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