Ammon [1]

[442] Ammon (bei den Griechen und Römern Zeus oder Jupiter-A. genannt), ein Erntegott der alten Ägypter, ward ursprünglich als Stadtgott von Theben (No-A.) verehrt. Bereits im mittlern Reiche (etwa seit 2000 v. Chr.) wurde er zum Sonnengott gemacht und A.-Rê, d.h. »A.-Sonne« genannt. Als Theben im neuen Reiche zur Hauptstadt des Pharaonenreiches geworden war, wurde A. zum ägyptischen Hauptgott, zum »König der Götter«; sein Kultus wurde in den eroberten Ländern, in Nubien, Syrien, den Oasen der Libyschen Wüste eingeführt. Von den großen Heiligtümern, die dem A. in dieser Zeit errichtet wurden, verdienen die Tempel von Luksor und Karnak besondere Erwähnung. Die Verfolgung der alten Götter durch Amenhotep IV. (s. d.), die sich hauptsächlich gegen A. richtete, war nur von kurzer Dauer, und nach der Wiederherstellung der alten Religion blühte der Kultus des A. nur um so kräftiger. Erst seit der 26. Dynastie (seit 663 v. Chr.) trat A. im ägyptischen Pantheon mehr und mehr zurück. Dafür wurde er zum Hauptgotte des äthiopischen Reiches, und auch in den libyschen Oasen genoß er, besonders als Orakelgott, weiterhin hohe Verehrung. Sein berühmtestes Heiligtum war in späterer Zeit die 16 Tagereisen westlich von Memphis gelegene Ammonsoase (s. Simah), dessen Priester sich der Verkündigung der Orakel des Gottes widmeten, und zu dem die Völker von nah und fern ihre Boten und Geschenke sandten. Die vornehmsten Frager waren Krösus, Kambyses, Alexander d. Gr., Cato. Früh kam der Kultus des A. nach Griechenland. Pausanias kennt Ammonstempel in Theben und Sparta; die Eleer verehrten außer Zeus-A. auch eine Hera-Ammonia.

Ammon und Mut.
Ammon und Mut.

Das heilige Tier des A. war der Widder, in dessen Gestalt der Gott auch dargestellt wurde; häufiger erscheint er als Mensch mit einer eigenartigen Kappe und zwei hohen Federn auf dem Haupte, bärtig, in der einen Hand das Götterzepter, in der andern die Hieroglyphe für Leben haltend (vgl. Abbildung). In Nubien und den Oasen stellte man A. gewöhnlich als Mensch mit Widderkopf dar. Ein dem A. im Wesen naheverwandter Gott ist der in Koptos verehrte Erntegott Min, der ithyphallisch abgebildet wurde; mit ihm ist A. vielfach identifiziert und deshalb ebenfalls ithyphallisch dargestellt worden. Als Gemahlin des A. galt die Göttin Mut, beider Sohn war der Mondgott Chons; alle drei bildeten die Götterdreiheit von Theben.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 442.
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