Bogen [2]

[138] Bogen, als musikalisches Instrument (ital. Arco, franz. Archet) 1) dasjenige Werkzeug, mit dem die Saiten der Geigeninstrumente gespielt werden; dasselbe ist aus sehr hartem Holz (Schlangenholz, Brasilienholz, Pernambukholz) gefertigt, mit Pferdehaaren bezogen, die mittels eines Gewindes am Griffende (Frosch) straffer gezogen werden können und vor dem Spiel mit Kolophonium bestrichen werden. Die Bogenführung (Bogenstrich, Strich, franz. Coup d'archet), d. h. die Handhabung des Bogens der Streichinstrumente (gewöhnlich mit der rechten Hand), ist für das Spiel von ebenso großer Bedeutung wie die Applikatur, die Tätigkeit der andern Hand, welche die Saiten verkürzt (greift). Die Reinheit des Tones, bez. die Tonhöhe hängt von der Applikatur ab, alles andre aber von der Bogenführung, nämlich Weichheit oder Härte des Tones, Ausdruck, Vortragsart (Staccato, Legato). Solange der B. die Saiten nicht verläßt, erscheint das Spiel gebunden (legato), auch beim Bogenwechsel (s. unten); verschiedene Arten des nicht gebundenen Vortrags sind das durch selbständiges An- und Absetzen jedes Tones bei bleibender oder stets wechselnder Bogenführung entstehende eigentliche Staccato, ferner das Spiel mit springendem B. (saltato) und das durch loseste Bogenführung bewirkte Virtuosenstaccato (spiccato, piqué). Die Vorschriften »a punto d'arco« (mit der Bogenspitze) und »au talon« (am Frosch) fordern jene ein besonders leichtes, diese ein hartes Spiel. Man unterscheidet bei der Bogenführung den Herunterstrich (Herstrich) und den Hinaufstrich (Hinstrich). In Violinschulen und Etüden wird die Streichart genau vorgeschrieben, und dann bezeichnet ⊓ oder ⊔ (das Bild des Griffendes) den Herunterstrich und ⋁ oder ⋀ (das Bild der Bogenspitze) den Hinaufstrich. In einzelnen Orchestern wird darauf gehalten, daß auch bei Konzertaufführungen sämtliche Geiger derselben Partie (erste, bez. zweite Violinen) mit gleichen Strichen spielen; dann müssen natürlich die Bogenstriche genau in die Stimmen eingezeichnet sein. Gewöhnlich wird der Wechsel der Bogenführung nur durch über die Noten gezeichnete B. angedeutet (s. unten). 2) Die Einsatzstücke für die Schallröhre der Wald- und Ventilhörner. die den Stimmungston verändern, so daß aus einem F-Horn ein E-Horn gemacht werden kann etc.

In der Notenschrift unterscheidet man zunächst den zwei auf derselben Stufe stehende Noten verbindenden B., der die beiden Noten zu einer einzigen, entsprechend längern Dauer vereint (Haltebogen). Ein B. über oder unter den Noten auf verschiedenen Stufen zeigt an, daß diese Noten legato vorgetragen, d. h. streng miteinander verbunden (geschleift) werden sollen (Schleifbogen, Legatobogen). Ein B. über oder unter Noten, die zugleich das Zeichen des Staccato haben, bedeutet, daß diese Töne nicht völlig gebunden, aber auch nicht kurz abgestoßen, sondern nur eben deutlich voneinander geschieden werden sollen (non legato, Halbstaccato, Portament). Die Notierung für Streichinstrumente überspannt die Noten mit einem B., die mit demselben Bogenstrich gespielt werden sollen (s. oben); diese B. enden meist mit dem Taktstrich oder der Takthälfte, und es ist anzunehmen, daß die große Zahl sinnwidriger B. der Klaviermusik darauf zurückzuführen ist, daß die Komponisten gewohnheitsmäßig die B. setzten wie für Streichinstrumente, für die sie zuerst aufkamen (im 17. Jahrh.). Neuerdings ist man bestrebt, den B. zugleich als Zeichen der motivischen Gliederung anzuwenden (Phrasenbogen).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 138.
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