Defĭzit

[580] Defĭzit (lat., »es fehlt«; Fehlbetrag), im Finanzwesen der Betrag, um den in einer bestimmten Rechnungsperiode die Ausgabe die Einnahme überschreitet. Zu unterscheiden sind budgetmäßiges und wirkliches D. Ersteres ist dasjenige, das schon im Voranschlag des Staatshaushalts erscheint. Letzteres ergibt sich erst bei der Durchführung des Haushalts, wenn sich die Ausgaben tatsächlich größer oder die Einnahmen geringer erweisen als angenommen war. Im weitern Sinne spricht man von einem D., wenn die laufenden Gesamtausgaben durch die laufenden Gesamteinnahmen nicht gedeckt werden. Ein eigentliches D. ist dann vorhanden, wenn die ordentlichen Einnahmen nicht zureichen, um die ordentlichen Ausgaben zu decken, oder wenn die außerordentlichen Ausgaben nicht innerhalb derjenigen Zeit gedeckt werden, in der sie wirken. Das D. bedeutet demnach, daß diejenigen, denen die Ausgaben zu gute kamen, dieselben nicht voll zu tragen haben. Auch bei geordneter Finanzverwaltung sind Defizits nicht immer zu vermeiden, da sowohl die Einnahmen hinter den Erwartungen zurückbleiben, als auch infolge unvorhergesehener Umstände die Ausgaben die Ansätze des Voranschlags übersteigen können. Chronische Defizits, d. h. solche, die sich durch mehrere Finanzperioden hindurchziehen, sind die Folgen schlechter Finanzverwaltung, die der Zukunft sorglos Lasten auf Lasten zuschiebt. Die Mittel zur Deckung eines Defizits und zur Vermeidung desselben sind: Minderung der Ausgaben, Erhöhung der Einnahmen oder beides zugleich. In den zivilisierten Ländern kommt, da die Ausgaben mit steigender Kultur sich erhöhen, im wesentlichen nur das zweite Mittel in Betracht. Da die Benutzung der gewöhnlichen außerordentlichen Deckungsmittel (Verkauf von Staatsgütern, Aufnahme von Schulden) für die Zukunft entweder die Einnahmen schmälert oder die Ausgaben erhöht, so können drohende chronische Defizits im allgemeinen zuletzt nur durch Erhöhung der Einnahmen aus Steuern beglichen werden. D. (Kassendefizit, richtiger Kassendefekt) heißt auch die Summe, die an dem Bestand einer Kasse zufolge des durch die Bücher gegebenen Ausweises fehlt (s. Defekt), sowie der durch die kaufmännische Bilanz sich herausstellende Verlust (Unterbilanz).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 580.
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