Bucher

[535] Bucher, 1) Anton von, Schulmann und geistlicher Aufklärer, geb. 8. Jan. 1746 in München, gest. daselbst 8. Jan. 1817, studierte in Ingolstadt und wurde hier 1768 Kaplan. Seit 1771 Rektor der deutschen Schulen, seit 1773 auch des Gymnasiums und Lyzeums in München, wirkte er als Gegner der Jesuiten eifrig für Verbesserung des Schulwesens. In seinem Streben gehemmt, nahm er 1778 das Pfarramt Engelbrechtsmünster im Regensburger Sprengel an, wurde jedoch 1784 als geistlicher und Schuldirektorialrat nach München zurückberufen und trat 1813 m den Ruhestand. Er war Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Seine sämtlichen Schriften wurden u. d. T.: »Die Jesuiten in Bayern vor und nach ihrer Aufhebung« von I. v. Klessing (Münch. 1819–20, 5 Bde.) herausgegeben.

2) Lothar, preuß. Staatsmann, geb. 25. Okt. 1817 in Neustettin, gest. 12. Okt. 1892 in Glion am Genfer See, studierte die Rechte, war seit 1838 am Oberlandesgericht in Köslin tätig und wurde 1843 Assessor am Land- und Stadtgericht in Stolp. Im Frühjahr 1848 ward er in die preußische Nationalversammlung und 1849 in die Zweite Kammer gewählt; hier hatte er das Referat über die Aufhebung des Belagerungszustandes in Berlin. Wegen des Steuerverweigerungsbeschlusses 1850 verurteilt, flüchtete er nach London und schrieb zehn Jahre lang, namentlich für die Verliner »National-Zeitung«, unaufhörlich die Schwächen des englischen Parlamentarismus betonend. Nach dem Erlaß der Amnestie kehrte B. zurück, geriet aber wegen der mit Rodbertus und Berg unternommenen Bekämpfung des Nationalvereins mit seinen frühern politischen Freunden in Konflikt. Einige Zeit im Wolffschen Telegraphenbureau zu Berlin beschäftigt, wurde er 1864 durch Bismarck in das Ministerium des Auswärtigen berufen und 1866 zum vortragenden Rat ernannt. Meist in der unmittelbaren Umgebung Bismarcks, auch in Varzin und während des Krieges 1870/71 in Frankreich, hatte er vornehmlich die Noten und Denkschriften, welche die deutsche Politik betrafen, zu bearbeiten. Erst mit Bismarck selbst schied er 1890 aus seinem Amte. Von ihm erschienen: »Kulturhistorische Skizzen aus der Industrieausstellung aller Völker« (Frankf. a. M. 1851); »Der Parlamentarismus, wie er ist« (Berl. 1856, 2. Aufl. 1882); »Bilder aus der Fremde, für die Heimat gezeichnet« (das. 1862, 2 Bde.); »Kleine Schriften politischen Inhalts« (hrsg. von Bruno Bucher, Stuttg. 1893). Auch gab er die 2. Auflage von Lassalles »System der erworbenen Rechte« (1880) heraus. Vgl. v. Poschinger, Ein Achtundvierziger (Berl. 1890–94, 3 Bde.).

3) Bruno, Kunstschriftsteller, Bruder des vorigen, geb. 24. April 1826 in Köslin, gest. 9. Juni 1899 in Wien, besuchte die Kunstakademie zu Dresden, wurde aber durch Augenleiden gezwungen, dem Künstlerberuf zu entsagen. Seit 1856 als Journalist in Wien lebend und seit 1859 Sekretär des österreichischen Museums für Kunst und Industrie daselbst, wurde er später zum Kustos und zum Regierungsrat, 1887 zum Vizedirektor und 1895 zum Direktor des Museums ernannt. 1897 trat er in den Ruhestand. Von seinen kunsthistorischen Schriften sind zu erwähnen: »Die Kunst im Handwerk« (3. Aufl., Wien 1888); »Über ornamentale Kunst auf der Weltausstellung in Wien« (Berl. 1874); »Geschichte der technischen Künste« (mit Stockbauer, Luthmer u. a., Stuttg. 1875–93); »Katechismus der Kunstgeschichte« (5. Aufl., Leipz. 1899); »Reallexikon der Kunstgewerbe« (Wien 1883); »Mit Gunst. Aus Vergangenheit und Gegenwart des Handwerks« (Leipz. 1886); »Die Glassammlung des österreichischen Museums« (Wien 1888); »Die alten Zunft- und Verkehrsordnungen der Stadt Krakau« (das. 1889); »Die Aufgaben der kunstgewerblichen Museen« (das. 1889).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 535.
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