Dorf

[130] Dorf, ländliche Ortschaft, offener Ort ohne Tor und Mauern, dessen Bewohner im Gegensatze zu der gewerblichen Beschäftigung der Städter hauptsächlich Landbau und Viehzucht betreiben oder doch früher betrieben haben (vgl. Bauer). Größere Dorfschaften, denen das Marktrecht eingeräumt ist, heißen hiernach Marktflecken oder Markte. Ein rechtlicher Unterschied zwischen Stadt und Land besteht nur hinsichtlich der Gemeindeverfassung (s. Gemeinde). Der Bezirk, den ein D. nebst Feldern, Wiesen, Triften, Gärten, Gewässern, Holzungen etc. bildet, heißt Dorfflur (Dorfmark, Feldmark); deren Beschreibungen heißen Flurbücher. Dorfgericht (Dorfrichter) heißt hier und da der Gemeindevorstand. Viele Dörfer entstanden aus freien Ansiedelungen, andre aus alten Oberhöfen, z. B. in Westfalen und am Niederrhein, und aus Vereinigungen der Hofgenossen, viele auch dadurch, daß ein Gutsherr Ansiedelungen (villae) anlegte. Alle, die unter der Botmäßigkeit des Herrn ver Villa standen, begaben sich unter ein Hofrecht, dus der Herr der Villa aufstellte, und mußten dem Villicus, einem von diesem Herrn eingesetzten Beamten, gehorchen. Daraus bildeten sich im Laufe der Zeit Gemeindeverfassungen. Noch jetzt finden sich da, wo[130] viele Villae waren, mit »Weiler« zusammengesetzte Ortsnamen. Endlich entstanden auch viele Dörfer bloß unter Bewilligung des Gutsherrn, der ihnen dann Schultheißen setzte, bisweilen ihnen wohl auch die Schultheißenwahl überließ. Eine selbständigere Stellung der Dorfgemeinden ist erst durch die Gesetzgebung des 19. Jahrh. herbeigeführt worden (s. Gemeinde).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 130-131.
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