Eisenbahnunfälle

[544] Eisenbahnunfälle. Die auf Eisenbahnen bei der Bewegung der Maschinen, Fahrzeuge und Züge hervorgerufenen Unfälle entstehen durch Entgleisungen, die meistens auf Schienenunterbrechungen und Hindernisse auf der Bahn, ungenaue oder falsche Stellung von Weichen etc., unrichtige Handhabung des Zugdienstes, Achs- und Radreifenbrüche etc. zurückzuführen sind; sodann durch Zusammenstöße, die fast immer durch falsche Anordnungen des Stationspersonals, falsche Weichenstellung, fehlerhafte Signalisierung oder Nichtbeachtung gegebener Signale, übermäßig schnelles Einfahren in Bahnhöfe, unvorsichtiges Rangieren oder falsche Ausstellung von Fahrzeugen, unzeitiges Ingangsetzen stehender Fahrzeuge oder endlich durch Zugtrennungen herbeigeführt werden. Zu den Unfällen beim Eisenbahnbetrieb zählen auch das Überfahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Kesselexplosionen sowie überhaupt alle Ereignisse während der Fahrt eines Zuges oder einer Maschine, bei denen Personen getötet oder verletzt werden. Eine gewisse Art von Eisenbahnunfällen hängt nicht mit dem Verschulden von Beamten zusammen. Ausser den azmosphärischen Einflüssen, wie Nebel, Schneestürme, Zerstörung des Bahnkörpers durch Gewitter u. dgl., gehören hierher die Achs-, Radreifen- und Schienenbrüche, die durch die Art der innern Struktur des Metalls und Witterungseinflüsse herbeigeführt werden. Nach den statistischen Nachrichten über die Eisenbahnen des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen belief sich a) die Zahl der Unfälle, die durch Radreifenbrüche veranlaßt oder wobei Radreifenbrüche vorgekommen sind:

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b) die Zahl der Unfälle, die nachweisbar oder möglicherweise durch Schienenbrüche und Mängel am Oberbau veranlaßt sind:

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und c) die Zahl der Unfälle, die durch Achsbrüche veranlaßt oder wobei Achsbrüche vorgekommen sind.

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Die mannigfachen C. haben vielen Staaten Veranlassung zur Gründung von besondern Versicherungsanstalten gegeben (s. Unfallversicherung und Transportversicherung). Indessen hat sich mit der[544] Vervollkommnung des Eisenbahnbetriebs auch die Zahl der E. im Verhältnis zu der Zahl der mit der Eisenbahn fahrenden Personen vermindert. Namentlich in England hat sich trotz der Schnelligkeit der Eisenbahnzüge die Zahl der E. sehr bedeutend vermindert. Man hat nachgewiesen, daß es bei weitem nicht so gefährlich ist, in England einen Tag mit der Eisenbahn zu fahren, als während derselben Zeit in den belebtern Teilen Londons zu gehen. In den meisten Ländern hat man besondere Behörden niedergesetzt, denen die Aufgabe obliegt, die Ursachen der einzelnen Unfälle möglichst genau zu erforschen, damit auf Grund der gewonnenen Erfahrungen ähnlichen Vorkommnissen für die Zukunft tunlichst vorgebeugt werden kann. Begreiflicherweise entfallen bei den Eisenbahnunfällen die meisten Verletzungen und Tötungen auf die Eisenbahnbediensteten selbst.

Die nachstehende Tabelle gibt ein Bild über die allgemeine Betriebssicherheit der deutschen Eisenbahnverwaltungen. Für die Gesamtheit der Bahnen bewegte sich in dem dargestellten Zeitraum die Zahl der jährlich vorgekommenen Entgleisungen zwischen 423 und 505 und betrug im Mittel 455. An Zusammenstößen sind jährlich zwischen 260 und 344, im Mittel 299 Fälle vorgekommen. Bei diesen letztern, am ehesten durch Vorsicht zu vermeidenden Ereignissen macht sich von Jahr zu Jahr eine Abnahme bemerklich. Die Zahl der sonstigen Unfälle, wie Überfahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Kesselexplosionen und andre Ereignisse, letztere indes nur, sofern dabei Personen getötet oder verletzt worden sind, schwankt jährlich zwischen 2153 und 2963, beträgt im Mittel 2597. Die Anzahl der Getöteten betrug jährlich zwischen 645 und 979, im Mittel 779. Hiervon entfallen auf Reisende zwischen 41 und 119, im Mittel 67, oder auf 1 Mill. beförderte Personen 0,11. Von der Gesamtzahl der Verunglückten entfallen 26 Proz. auf die Getöteten und 74 Proz. auf die Verletzten, ein Verhältnis, das dadurch stark beeinflußt ist, daß den Getöteten auch diejenigen Verletzten zugerechnet wurden, die innerhalb 24 Stunden nach dem Unfall gestorben sind.

Tabelle

Einen Maßstab zur Beurteilung der Betriebssicherheit auf den Eisenbahnen der hervorragendsten Kulturstaaten gibt die folgende Übersicht. Es entfielen 1899 (1899/1900) auf je 1 Mill. beförderte Reisende:[545]

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Vgl. Eisenbahnbetriebssicherheit.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 544-546.
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544 | 545 | 546
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