Gehirnerschütterung

[475] Gehirnerschütterung (Commotio cerebri) entsteht durch starke Gewalteinwirkung auf den Schädel durch Schlag, Sturz etc. Der Getroffene stürzt zusammen, ist bewußtlos, kommt aber in leichtern Fällen schnell zum Bewußtsein zurück, erbricht in der Regel und klagt über Schwindel, Ohrensausen, Neigung zum Schlaf. Bei schwerer G. hält die Bewußtlosigkeit längere Zeit an, der Getroffene liegt in tiefem Schlaf, die Empfindung und die willkürliche Bewegung sind aufgehoben, meist erfolgt Erbrechen, das Gesicht ist blaß, Hände und Füße fühlen sich kalt an, die Atmung ist oberflächlich, der Puls klein und verlangsamt. Die Augen sind unempfindlich gegen Lichteinfall. Kommt der Gestürzte zum Bewußtsein, so dauern einzelne Sinnesstörungen noch an, einzelne Glieder können nicht bewegt werden, die Sprache ist gestört etc. Häufig hat der Kranke nicht die geringste Erinnerung an das, was vom Moment des Sturzes an mit ihm vorgegangen ist. Auch bei schwerer, tödlicher G. findet man häufig keine anatomische Veränderung im Gehirn, die als Todesursache angesprochen werden könnte, und hierin unterscheidet sich die G. von der Gehirnquetschung (Contusio cerebri), bei der stets Gehirnsubstanz zerdrückt wird und Blut in dieselbe eintritt. Nicht selten finden sich zahlreiche kleinste Blutaustritte, daneben auch kaum wahrnehmbare Störungen in der feinern Struktur der Nervenzellen, die im weitern Verlauf auch unter Verkalkung absterben können. Die G. kommt dadurch zustande, daß die mechanische Gewalteinwirkung als ein intensiver Netz auf das Nervensystem wirkt. Ist dieser Reiz nicht zu groß, so entsteht nur Lähmung der Großhirnrinde (Bewußtlosigkeit). Erst bei stärkerer Gewalt wird das verlängerte Mark gereizt (Pulsverlangsamung, Atemstörung). Der Tod infolge von G. kann nur auf Grund sorgfältiger Untersuchung festgestellt werden, da es Fälle gibt, in denen G. vorliegen sollte, während man Verletzungen andrer wichtiger Organe bei der Obduktion entdeckte. Auch kann der Tod in Fällen von G. dadurch eintreten, daß bei schon bestehender Herzschwäche das Herz versagt. Die Behandlung der G. muß sich darauf beschränken, dem Kranken möglichste Ruhe zu verschaffen und für gleichmäßige Erwärmung des Körpers zu sorgen; nötigenfalls sind Reizmittel (subkutane Ätherinjektionen) anzuwenden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 475.
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