Glockenrecht

[43] Glockenrecht ist im kirchenrechtlichen Sinne der Inbegriff aller auf Benediktion, Eigentumsrecht, Verfügungsgewalt und Unterhaltungspflicht der Kirchenglocken bezüglichen Rechtssätze. Die Weihe der Glocken (benedictio genannt, nicht consecratio), die im 8. Jahrh. aufkam, ist nach katholischem Kirchenrecht bischöfliches Reservatrecht und geschieht in feierlicher Weise mittels Abwaschung mit einer aus Salz und Wasser gemischten Flüssigkeit (Glockentaufe im Volksmunde), Salbung mit Krankenöl und Verrichtung bestimmter Gebete, wobei die Glocken gewöhnlich auch den Namen eines Heiligen erhalten. Durch die Weihe werden die Glocken res sacrae, d.h. zum gottesdienstlichen und sonstigen kirchlichen Gebrauch bestimmt, und prinzipiell nimmt daher die Kirchengewalt die Befugnis, Bestimmungen über die Benutzung der Glocken zu treffen, für sich in Anspruch. Die Beschaffung der Glocken und der Unterhalt des Glockenstuhls liegt denjenigen ob, welche die Baupflicht an der Kirche und insbes. am Kirchturm zu tragen haben. Kraft des Kirchenhoheitsrechts wurde übrigens der Gebrauch der Glocken mannigfach auch durch staatliche Gesetze und Verordnungen geregelt. Das früher gebräuchliche sogen. G. (droit sur les cloches), wonach die Glocken[43] einer eroberten Festung der Belagerungsartillerie gehörten und die von der Stadtbehörde zu bezahlende Rückkaufssumme zwischen dem Kommandanten und der Mannschaft verteilt wurde, darf jetzt seit der Brüsseler Erklärung von 1874, Art. 8, als beseitigt betrachtet werden.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 43-44.
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