Goldwage

[110] Goldwage (franz. Biquet), Wäge- und Sichtvorrichtung für Goldmünzen. Die einfachste G. besteht aus einer länglichen, wie ein Wagebalken aufgehängten Platte, deren einer Arm als konstantes Gegengewicht dient, während sich auf dem andern runde, tellerartige Vertiefungen befinden, in die je ein 20- und 10-Markstück genau hineinpassen. Die Entfernungen der Mittelpunkte dieser Vertiefungen von der Kante der Schneide verhalten sich umgekehrt wie die Passiergewichte der Münzen, so daß, wenn irgend eine von den zwei Goldsorten in ihr bestimmtes Lager gelegt wird, Gleichgewicht eintritt und bei Mindergewicht der andre Arm sinkt. Bei der G. von Reitze liegen zwei Wagebalken ähnlich den eben beschriebenen nebeneinander. Jeder trägt ein Wägegewicht, das je einer der beiden Goldsorten entspricht. Das andre Ende der Wagebalken hat einen tiefen Schlitz. Steckt man eine zugehörige vollwichtige Münze in solchen Schlitz, so senkt sich dessen Balkenende so schräg herab, daß das Geldstück, auf seiner hohen Kante rollend, aus dem offenen Schlitzende herausfällt; ein nicht vollwichtiges Goldstück vermag aber das Wägegewicht am andern Ende des Balkens nicht zu heben und bleibt im Schlitz stecken. Bei der Stückrathschen automatischen G. befördert ein Schieber die unterste der gleichnamigen Münzen, die in ein langes Rohr geworfen sind, auf die linke Schale der Wage. Auf der rechten Schale liegt das Passiergewicht der Münzsorte. Zwei Vorrichtungen halten den Mechanismus noch[110] kurze Zeit nach dem Aufschieben der Münze fest, damit durch die Erschütterung die Genauigkeit der Gewichtsbestimmung nicht beeinträchtigt werde. Lassen diese Sicherungen los, so bleibt die Wage bei vollwichtigen Münzen in Ruhe, die Sicherungsvorrichtungen fixieren sie wieder, und ein Abschieber wirft die Münze in einen Kanal, durch den sie in einen Schubkasten gelangt. Während des Wägens bewegt sich an dem nach unten gerichteten Zeiger der Wage ein keilförmiges Stück einmal auf und ab, das bei der Ruhelage der Wage an der linken Seite des Zeigers hingeht, ohne diesen zu berühren. Ist aber das Passiergewicht schwerer als die zu wägende Münze, so bewegt sich der Zeiger der Wage nach links über die Spitze des keilförmigen Stückes hinweg, und dieses drückt ihn nun beim Hochgehen weiter nach links und hebt damit die linke Wagschale so hoch, daß der Abschieber die Münze in einen hoher gelegenen zweiten Kanal wirft, durch den sie in einen andern Schubkasten fällt. Vor jedem neuen Spiel des Apparats führt die eine Sicherungsvorrichtung den Wagebalken in seine Normallage zurück. Diese Wage wird durch ein Uhrwerk oder einen Wassermotor betrieben und wagt 20 Goldstücke in der Minute.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 110-111.
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