Hwangho

[683] Hwangho (Hoangho, spr. chwangchŏ, »gelber Fluß«), der zweite Hauptstrom Chinas, entspringt unter 35° nördl. Br. und 95°30´ östl. L. in etwa 4400 m Meereshöhe im nördlichen Tibet am Nordostabfall des Bajankara, einer südlichen Kette des mittlern Kwenlun, durchfließt die dicht nebeneinander liegenden Seen Tscharing- und Oring-Nor, durchzieht anfangs, von den Mongolen Kara-muren (»schwarzer Fluß«) oder Soloma, von den Tibetern Matschu genannt, gegen SO. gerichtet ein Längstal, wendet sich dann in S-förmiger Krümmung nach N., unter 101° östl. L. wieder ostwärts bis 104°30´ und von da nordnordöstlich durch den nordwestlichen Teil der Provinz Kansu. Nunmehr bildet er das berühmte Doppelknie, indem er bis 41° nördl. Br. in das sonst abflußlose Gebiet der mongolischen Steppe hinaufsteigt und erst in 111° östl. L. wieder nach S. um biegt. Er bildet dann die Westgrenze der Provinz Schansi und nach Kreuzung der Großen Mauer die Grenze zwischen Schansi und Schensi, bis er durch den dem Tsinlinggebirge vorgelagerten Hwaschan wieder nach O. gedrängt wird. In dieser Richtung verbleibt er bis unterhalb der Stadt Kaiföng, wo er ins Flachland tritt, das er durch seine Ablagerungen aufgeschüttet hat, und sich nun nach NO. wendet, um sich unter 37°15´ nördl. Br. in den Golf von Petschili zu ergießen. Diese Mündung besteht erst seit 1889, vorher mündete der Fluß nördlicher unter 37°45´, in noch früherer Zeit aber unter 33°50´ ins Gelbe Meer, wo er der Küste ungeheure, 30–40 km breite Sandbänke vorgelagert hat. Seit 602 v. Chr. hat der H. seine Mündungen zehnmal zwischen 33°50´ und 39° nördl. Br. geändert; seine gegenwärtige Ablenkung aus südöstlicher Richtung nach dem Golf von Tschili hängt mit dem Taipingaufstand (s. China, S. 51) zusammen, während dessen die Überwachung der Uferbauten, die von einem Chef und 64,000 Arbeitern zu geschehen pflegte, vernachlässigt wurde, wodurch 1851 der Durchbruch des nördlichen Arms, 60 km östlich von Kaiföng, veranlaßt ward. Neuere große Überschwemmungen erfolgten 1868, 1869, 1872, 1874 und 1889. Wie beim Po, liegt nicht nur der Wasserspiegel des H., sondern auch der Boden seines Bettes höher als das umliegende Tiefland. Überschwemmungen bei Hochwasser im Sommer sind nicht[683] selten, und es sind daher mächtige, oft doppelte Dammbauten angelegt worden, um die Gewässer in Schranken zu halten. Die Regierung gab ungeheure Summen hierfür aus, jedoch ohne bleibenden Erfolg. Die Länge des Stromes mit allen Krümmungen wird annähernd zu 4000 km geschätzt, sein Stromgebiet zu fast 980,000 qkm, seine Wassermenge im Tiefland zu etwa 1000 cbm in der Sekunde, seine Sedimentführung zu etwa 500 Mill. cbm jährlich. Die bedeutendsten Nebenflüsse sind rechts der Tauho oberhalb Lantschou, der Weiho und Loho unter 100°10´ östl. L. v. Gr., links der Tatungho gegenüber dem Tauho und der Fönnho in Schansi. Von der Mündung des letztern ist der H. auf eine kurze Strecke schiffbar, ebenso von Möngtsin bis Lungmönnkóu, wo der Fluß sich nordostwärts wendet. Vom Meer aus ist er nur für kleine Fahrzeuge zugänglich.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 683-684.
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